Schwestern kommen mit spannenden Erfahrungen vom Katholikentag zurück
Eine eigene Bibelerzählnacht boten die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel auf dem 98. Deutschen Katholikentag vom 16. bis zum 20 Mai in Mannheim an. Der Samstagabend in der Schlosskirche der Alt-Katholiken sollte in mehrfacher Hinsicht zu einem bewegenden Erlebnis werden.
Die Gruppe der Ordensgemeinschaft aus Bestwig bestand aus 15 Schwestern, Mitarbeitern und Freunden. Die Bibelerzählnacht hatten sie unter das Motto „Geschichten von gestern? Geschichten von heute!“ gestellt. Dazu hatten sich die vier Bibelerzähler Barbara Kosman, Gisela Sturm, Schwester Maria Magdalena Brüning und Ralf Stallein Textstellen aus der Bibel herausgesucht, die das Motto der Katholikentages aufgriffen: „Einen neuen Aufbruch wagen“. In der Kirche waren vier Erzählecken eingerichtet und durch eine gedämpfte Beleuchtung in eine entsprechende Atmosphäre getaucht. Über 150 Interessierte aller Altersgruppen hatten sich bei Blitz, Donner und Platzregen zu der Veranstaltung eingefunden. Schwester Maria Magdalena Brüning führte, begleitet von Schwester Theresia Lehmeier an der Harfe, in den Abend ein.
Als die Bibelerzähler an den vier Orten begannen, von Jesus und seinen Erlebnissen mit den Menschen zu erzählen, war Ruhe eingekehrt. „Dann aber war von draußen wieder ein ständig ansteigendes Grollen und Trommeln zu hören. Fast so, als wenn ein Hubschrauber landen würde“, berichtet Winfried Meilwes. Der Referent der Missionszentrale gehörte mit zu der Bestwiger Gruppe.
Glasfenster begannen zu wackeln
Glasfenster und Leuchter in der Kirche begannen durch den ohrenbetäubenden Lärm zu vibrieren. Schließlich stellte sich heraus, dass es sich bei den Klängen um die Trommeln einer Gegendemonstration des „Bündnisses gegen den Katholkentag“ handelt. Erzähler und Zuhörer aber ignorierten diese Störungen und tauchten ein in die Geschichten der Bibel. Dies war ein besonderer Verdienst der Bibelerzähler, und ein Zuhörer sagte laut: „Jesus hatte in seinem Leben und in der Verkündigung seiner Botschaft auch mit Widerständen zu kämpfen.“ Erst nach 30 Minuten kehrte wieder Ruhe ein. Die Stille war jetzt umso eindrucksvoller und andächtiger.
Nachdem Schwester Maria Magdalena als Ausdruck des Dankes und des inneren Aufbruchs zu einem gemeinsamen Vater Unser einlädt, steht plötzlich eine etwa 20-jährige junge Frau auf und geht in die Mitte des Gotteshauses. Sie würde gern ein lautes Gebet los werden, erklärt sie etwas verschüchtert und doch sehr entschlossen. Und dann betet sie für die sozial Benachteiligten in dieser Welt und für die Demonstranten von eben, die sich scheinbar von dieser Kirche abgewendet haben. „Spannung lag in der Luft. Aber als eine Besucherin spontan den Liedruf des Hallelujas anstimmte, wandelte sich die Spannung in Dankbarkeit für einen bewegenden Abend“, so Winfried Meilwes.
Auch kontroverse Foren
Positive Erfahrungen sammelten die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel auch am Stand der Deutschen Ordensgemeinschaften (DOK), wo sie Standdienste übernahmen und mit vielen Menschen ins Gespräch kamen. Im Zentrum der Jugend halfen sie außerdem bei der Betreuung eines Klettergartens. Und präsent war die Ordensgemeinschaft auch durch Schwester Ruth Stengel im interaktiven Forum „Es geht mehr, als Du denkst“ im Zentrum der Generationen am Donnerstag. Hier ging es um Fragen des Glaubens und wie er an die nächste Generation weitergegeben werden kann.
„Wenngleich der diesjährige Katholikentag eher einen disziplinierten und zugewandten Eindruck vermittelte, gab es doch einige wenige kontroverse Foren“, sagt Winfried Meilwes. Dazu zählte das von 500 Zuhören besuchte Podium der Jesuitenmission Nürnberg unter dem Motto: „Kirchliche Einflussnahme oder Entweltlichung. Was hat Kirche in der Politik zu suchen?“. Auf diesem Podium trafen sich der bekannte Sozialethiker und Jesuit Friedhelm Hengsbach, der Publizist Matthias Matussek vom Spiegel und die stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion DIE LINKE, Sahra Wagenknecht. Während sich Friedhelm Hengsbach in pointierter Forum für einen Kampf um soziale Gerechtigkeit in einem Mix von Kontemplation und Engagement einsetzte, merkte Sahra Wagenknecht an, dass man sich im Angesicht der verschiedenen Finanzskandale der letzten Jahre nicht dem Eindruck entziehen könne, dass das Land und vielleicht auch Europa sich in Händen einer „Räuberbande“ befinde.
Christen sind oft zu leise
Die Schwestern sind mit vielen ermutigenden Erlebnissen zurückgekehrt. „Allerdings habe ich auch viel Leiden durch und viel Enttäuschung über unsere Kirche vernommen“ so Schwester Gratia Feldmann. Die Christen seien oft zu leise. „Sie müssten sich grundsätzlich selbstbewusster und offensiver in die Gesellschaft, aber auch in die Kirche einbringen“, ergänzt Schwester Ruth Stengel.
Mit einer Eucharistiefeier unter Leitung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, schloss der Katholikentag am Sonntagmorgen auf dem Schlossplatz ab. Die evangelischen Mitchristen luden dort zu einem Wiedersehen auf dem Kirchentag im Mai 2013 nach Hamburg ein.