Gedanken zum Evangelium: Joh 2,13-25 – Tempelreinigung
Provokation pur – für die Pilger, die zum Paschafest nach Jerusalem kommen! Und für uns? Passt dieser Jesus mit einer Geißel aus Stricken in der Hand in unser Jesusbild?
Die Menschen damals müssen sich durch Jesu Vorgehen bei der sog. Tempelreinigung (Joh 2,13-25) provoziert gefühlt haben. Der Marktbetrieb im Vorhof des Tempels gehörte für sie zu den ganz normalen Vorgängen rund um den Gottesdienst. Besonders Pilger, die von außerhalb kommen und ihr Opfer darbringen wollen, kaufen hier die dafür nötigen Tiere. Da braucht es Händler mit ihren Tieren und Geldwechsler. Jesu Verhalten stört also ganz empfindlich den gewohnten Betrieb im Tempelvorhof.
Und was stört uns an diesem Jesus? Korrigiert dieser Jesus vielleicht unser Bild von einem soften Jesus, der nicht aneckt? Stellen wir uns Jesus nur als einen Mann des Wortes, aber nicht der Tat vor?
Jesus begründet sein ungewöhnliches Verhalten: „…macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle“ (Joh 2,16). Die Jünger erinnert das an ein Wort aus Psalm 69,10: „Denn der Eifer für dein Haus hat mich verzehrt…“ Sie erkennen: Von solchem Eifer ist Jesu ganzes Leben geprägt. Seine zentrale Sendung vom Vater besteht darin, die Menschen für eine Begegnung mit Gott vorzubereiten, wie sie dem Kommen des Gottesreiches entspricht.
Die „Juden“ fordern, Jesus solle sein Vorgehen durch ein Zeichen legitimieren. Das Zeichen, das Jesus ihnen anbietet, das Niederreißen und Wiederaufbauen des Tempels, lehnen sie ab. Sie argumentieren ganz klar auf der materiellen Ebene, während Jesus vom Tempel seines Leibes spricht, sich also auf der geistlichen Ebene bewegt. Immer wieder spricht das Johannesevangelium von solchen Missverständnissen der Juden gegenüber Jesu Worten. Sie wollen Jesus gar nicht verstehen. Der Tempel in Jerusalem ist als Kultstätte für die Juden Ort des Opfers; aber auch Ort des Gebetes. Sie begreifen nicht, dass Jesu prophetische Zeichenhandlung sich gegen einen veräußerlichten Gottesdienst richtet. Er will sie wachrütteln, damit sie erkennen, worum es in erster Linie geht und gehen muss in ihrem Glauben.
Die Jünger verstehen im Licht des Osterglaubens, was Jesus hier meint. Er will die Menschen aufrütteln und sie für eine wirkliche Begegnung mit Gott bereiten. Sie glauben „der Schrift und dem Wort, das Jesus gesprochen hatte“ (Joh 2, 22).
Wort- oder Zeichenglaube
Beim Paschafest erleben viele Leute Jesus, hören seine Worte und sehen seine Zeichen. Dadurch kommen viele zum Glauben. Aber der Evangelist bemerkt ausdrücklich: „als sie die Zeichen sahen, die er tat“ (Joh 2, 23). Aus der Perspektive Jesu ist klar, solchen Menschen kann er sich nicht anvertrauen; denn ein Glaube, der auf äußeren Zeichen basiert, der sichtbare Zeichen braucht, ist nicht tragfähig genug.
Jesus weiß, was im Menschen ist – ein geheimnisvolles Wort. Was bedeutet es für uns? Entdeckt er auch in uns, dass unser Glaube auf Zeichen, auf Beweise aus ist? Fragen wir uns selbst: Wie verhalten wir uns, wenn es z. B gilt, in einer Diskussion aus dem Glauben heraus Stellung zu beziehen? Knicken wir da leicht ein, wenn es heißt, Farbe zu bekennen, ohne dass wir dafür Applaus erwarten dürfen?
Oder lebt unser Glaube aus dem festen Vertrauen auf Gottes Wort, das wir als glaubwürdig erkannt haben? Der Tempel, als Ort der Gegenwart Gottes im Alten Bund, ist für uns Jesus Christus selbst. In ihm begegnen wir dem lebendigen Gott. Wir dürfen dankbar sein für alle Zeichen, die Gott selbst uns gibt, um unseren Glauben zu stärken. Aber letztlich sind wir gefragt, ob wir seinem Wort, das uns seine Nähe verbürgt, glauben wollen.
Sr. Maria Andrea Stratmann SMMP