Schwester Alwine Hermine Langela erklärt ihre Erwartungen an die neue Präsidentin Dilma Roussef in Brasilien
Die katastrophalen Überschwemmungen in Brasilien mit mittlerweile fast 800 Todesopfern hätten nach Ansicht von Schwester Alwine Langela nicht dasselbe Ausmaß erreicht, wären die seit Jahren bereitstehenden Mittel für den Katastrophenschutz entsprechend verwendet worden. Zweifellos seien die Ursachen geologisch und klimatisch bedingt. Jedoch seien viele Gelder für Vorsorgemaßnahmen schon vor der großen Flut versumpft.
Schwester Alwine ist Provinzoberin der brasilianischen Ordensprovinz der Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel. Die Konvente und Einrichtungen der Gemeinschaft liegen außerhalb der Katastrophengebiete. Dennoch verfolgen die 50 Schwestern das Geschehen mit großer Sorge. Auch Familien ihrer Mitarbeiter und der Schüler und Kindergartenkinder in ihren Einrichtungen sind betroffen.
Die großen Hilfsaktionen seinen angelaufen. Dabei setzen sich viele Menschen großen Gefahren aus. „Auf die Dauer müssen effektive Lösungen gefunden werden. Das Volk lässt sich damit vertrösten, dass die notwendigen Maßnahmen nun bis zum Jahr 2015 getroffen werden sollen. Unsere Präsidentin ist dafür bekannt, dass sie schnell und effizient handelt. Hoffen wir, dass sie es in diesem Fall tut“, sagt Schwester Alwine.
„Die großen Probleme des Landes hängen alle zusammen“
Mit der Wahl Dilma Roussefs im Dezember zur ersten Frau im Präsidentenamt verbinden sich Hoffnungen und Ängste. Ihr Vorgänger, Präsident Lula da Silva, genoss in der Bevölkerung großen Rückhalt. Er hat die Kandidatin seiner Partei im Wahlkampf unterstützt. Und besonders viele Stimmen erhielt Dilma Roussef aus den armen, ländlichen Regionen.
„Sie wird die großen sozialen Probleme des Landes auch angehen, aber nur teilweise lösen können“, vermutet Schwester Alwine – „Die Korruption gehört dazu. Doch unsere großen Probleme hängen alle miteinander zusammen.“ Über 50 Prozent der Bevölkerung hätten immer noch keinen Sanitäranschluss. Als Folge werde ein großer Teil der Kleinkinder von Parasiten angegriffen, die auf Lebenszeit das Gehirn schädigen und folglich das Lernvermögen beeinträchtigen.
Das Gesundheitswesen sei für viele kaum zugänglich. „Kriminalität und Drogenkonsum sind längst nicht mehr ein Symptom großer Ballungszentren. Die Gefängnisse sind überfüllt. Jugendliche, die in den Städten bessere Lebenschancen suchen, geraten oft in die Hände von Kriminellen und in die Prostitution“, so Schwester Alwinge. Zwar sei das Land zu den größten zehn Wirtschaftsmächten der Welt aufgestiegen, doch werde dieser Reichtum sehr ungleich verteilt. Auch habe er die Landflucht verstärkt. „Eine der großen Herausforderungen der Präsidentin Dilma wird darin liegen, eine breite Mittelschicht zu fördern und zu festigen.“
Olympische Spiele und Fußball-WM stellen die Politik in den Schatten
Mit Skepsis sieht die Provinzoberin vor diesem Hintergrund auch der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und den Olympischen Spielen 2016 entgegen: „Das Volk wird sich für Sport interessieren, während die Politik freien Lauf hat.“
Obwohl zahlreiche Politiker, die in mysteriöse Geschäfte verwickelt waren, schon wieder hohe Ämter bekleiden, hat Dilma Roussef der Korruption den Kampf angesagt. Schwester Alwine hofft, dass sie das ernst meint und auch die einflussreichen Leute im Land einen solchen Prozess zulassen: „Die Präsidentin ist intelligent und kommunikativ – und sie hat ein großes soziales Empfinden.“