„Pädagogische Ansätze liegen in der Tradition unserer Gemeinschaft – und sind in der aktuellen Bildungsdiskussion hochaktuell.“
In der Mitte Berlins gibt es seit Anfang des Jahres eine neue Anlaufstelle für alle, die Montessori-Pädagogik kennenlernen und sich darin fortbilden wollen: Das Montessori Zentrum Berlin. Am Freitag, 28. Mai, wurde die Einrichtung im zentralen Stadtteil Wedding offiziell eröffnet. Und Schwester Petra Stelzner, die die Einrichtung leitet, stellte den rund 60 Gästen ihre Konzeption für die Zukunft vor.
„Das fußt auf vier Säulen: dem Bereich der Fortbildung, dem der Manufactur, dem Projekt Montessori im Alter und der Stelzner-Montessori-Stiftung“, wie Schwester Petra vor den Besuchern der Eröffnungsfeier erläuterte. Die Zustiftung der Bergkloster Stiftung SMMP war vor drei Jahren von ihren Eltern Ingeborg und Helmut Stelzner ins Leben gerufen worden. Sie unterstützt die Ausstattung und Weiterentwicklung des Montessori Zentrums Berlin. „Ohne Sie wären wir hier noch nicht so weit“, gab Generaloberin Schwester Aloisia Höing zu – und überreichte den Eltern von Schwester Petra gemeinsam mit dem geschäftsführenden Vorstandsmitglied der Bergkloster Stiftung SMMP, Christian Uhl, eine Stifterurkunde, die das große Engagement belegt.
Montessori-Pädagogik einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen
Schwester Petra ist bereits seit 2005 in Berlin tätig. Zunächst eröffnete sie das kleinere Montessori-Seminar im Bezirk Mitte. Dann suchte sie nach neuen, gut erreichbaren Räumen mit eigenen Werkräumen und mehr Platz für die Materialien, damit sich auch andere Angebote und Kurse durchführen lassen. Die fand sie an der Lüderitzsstraße im Stadtteil Wedding, wo sie seit Januar das Montessori Zentrum
aufbaut. „Durch den Charakter des Ladenlokals mit 50 Meter Schaufensterfront gelingt es uns hoffentlich auch, die Montessori-Pädagogik einer breiteren Öffentlichkeit leichter zugänglich zu machen“, sagt Schwester Petra.
Zu dem Bereich der Fortbildungen gehören der jährlich angebotene Montessori-Diplom-Kurs, Kurse zum Einsatz der speziellen Materialien bei Kindern von 0 bis drei Jahren und ein weit gefächertes Angebot von Nachmittags-, Abend- und Wochenendseminaren: beispielsweise zu den Themen „Ist Konzentration lernbar?“, „Lesen und Schreiben lernen in Kita und Schule“ oder „Stille und Stilleübungen.“ Schwester Petra ist überzeugt, damit ein breit gefächertes Angebot für Pädagogen, Erzieher, interessierte Eltern und sogar Mitarbeiter aus Seniorenhilfe-Einrichtungen vorzuhalten: „Denn das reicht bis zu dem Projekt Montessori im Alter.“ Damit wendet sich die frühere Leiterin des Placida Viel Berufskollegs in Menden vor allem an demenziell erkrankte Menschen: „Für sie können diese Materialien eine Hilfe sein, ihre Sinneswahrnehmung und Motorik wach zu halten“, erläutert Schwester Petra. Der pädagogische Aspekt stehe dabei im Hintergrund. Dennoch böten die Ideen und Materialien von Maria Montessori auch hier die Möglichkeit, Lebensqualität zu steigern.
Für alle diese Bedürfnisse hält Schwester Petra in dem neuen Montessori Zentrum Berlin auch die entsprechenden, zum Teil von ihr und ihrem Team selbst entwickelten Materialien vor: vom bekannten Montessori-Turm, der aus rosafarbenen Würfeln besteht, bis zum Rollcontainer, der jede Menge Übungsmöglichkeiten bereitstellt. Gebaut und gefertigt werden ein Großteil dieser Materialien in der eigenen Werkstatt, auch von ihren Eltern oder in der Tischlerei SMMP in Bestwig.
Reformpädagogische Ansätze in der Tradition der Ordensgemeinschaft
Maria Montessori hatte ihren pädagogischen Ansatz vor über 100 Jahren in ihrer italienischen Heimat nach der Beobachtung zurückgebliebener Kinder entwickelt. Die wurden früher nicht beschult. Jedoch waren auch diese Kinder in der Lage, sich mit verschiedenen Materialien intensiv zu beschäftigen. „Daraus entwickelte sie schließlich das Prinzip der Polarisation der Aufmerksamkeit“, stellte Schwester Petra die Ansätze und Ideen der italienischen Reformpädagogin vor. Dieses Prinzip besagt, dass sich auch Kleinkinder schon über eine lange Zeit sehr konzentriert einer Aufgabe widmen können, wenn man ihnen verschiedene Optionen zur Wahl stellt und sie sich mit dem beschäftigen können, was sie gerade interessiert. „Dieser Ansatz hat sich mittlerweile bewährt“, erklärte Schwester Petra. Und er liegt auch in der Tradition der Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel, deren Gründerin sich ebenfalls reformpädagogischen Ansätzen verschrieben hat. „Mehr als 60 Schwestern unserer Gemeinschaft in Deutschland haben mittlerweile ein Montessori-Diplom abgelegt“, berichtete Schwester Aloisia stolz. „Und wenn man sieht, dass Schwester Maria Cornelia Koch mit diesem Ansatz die Straßenkinder von Markthändlern in Bolivien beispielsweise dazu befähigt, mit sehr gutem Erfolg eine Regelschule und später auch weiterführende Schulen zu besuchen, so ist das ein eindrucksvoller Beleg dafür, wir gut die Ideen Maria Montessoris sind.“ Auch in Deutschland stellten diese Ansätze in der aktuellen Bildungsdiskussion, in der immer wieder eine bessere frühkindliche Bildung und eine frühere Einschulung gefordert werden, einen hochaktuellen Ansatz dar.
Wichtig sei darüber hinaus, Kinder immer wieder zu loben, fügte Schwester Petra hinzu. Doch dürfe Lob nicht abhängig machen, von dem, der es spendet: „Denn dann richtet das Kind unmerklich den Blick von seinen eigenen Interessen auf die des anderen. Und das schafft Abhängigkeit statt Selbstvertrauen.“
Zu den Gratulanten gehörte am Eröffnungstag auch der Leiter des Institutes für kindliche Lernwelt Musik, Jonas Falk, aus Freiburg. Seine Einrichtung geht bei der frühkindlichen Vermittlung des Rhythmusgefühls nach Methoden des Musikpsychologen Edwin Gordon vor, die denen Maria Montessoris ähneln: „Es ist unglaublich zu sehen, welches eigenständige musikalische Repertoire Kinder in den ersten Lebensjahren mit ihrer Stimme und einfachen Lautinstrumenten schon aufbauen können.“ Das Institut aus Freiburg arbeitet daher gern mit dem Montessori Zentrum Berlin zusammen. Und auch mit der Katholischen Hochschule für Sozialwesen, an der Schwester Petra doziert, gibt es eine enge Vernetzung. Hier oder im bisherigen Montessori-Seminar haben auch die weiteren Mitarbeiterinnen des Montessori Zentrums Schwester Petra kennengelernt: Dies sind Jane Burmeister, Astrid Strahl und Sandrina Soltau. Sie unterstützen Schwester Petra bei der Organisation und führen auch begleitende Angebote wie Bastelabende durch. Zudem gibt die Pädagogin Dr. Tanja Pütz Montessori-Kurse.
„Welturaufführung“ des Montessori-Raps
Ein weiterer Höhepunkt des Eröffnungsabends war die Welturaufführung eines Montessori-Raps. Den hatte Eric Teige aus Nassau geschrieben und am Freitag erstmals vorgesungen. Seine Mutter Heike Schmidt-Teige, die als Referentin für die Bergkloster Stiftung SMMP arbeitet, hatte ihn danach gefragt. „Und als ich mich mit dem Thema beschäftigte, hat es mich sofort interessiert. Da ließ sich gut `was draus machen“, berichtet der 19-Jährige.
Schließlich segnete der Salesianerpater Thomas Astan die neuen Räume an der Lüderitzsstraße ein. Astan ist in der Berliner Künstlerseelsorge tätig. Und auch er pflegt zu Schwester Petra inzwischen gute Kontakte. Danach waren die 80 Gäste zu einem „interaktiven Buffet“ geladen, das vor allem italienische Spezialitäten aus der Heimat Maria Montessoris bereithielt. Eine große Auswahl solcher kulinarischer Leckereien lässt sich in dem neuen Montessori Zentrum ebenfalls käuflich erwerben.
Weitere Informationen hält die neue Homepage bereit, die der Fachinformatiker Rüdiger Barthel mit Schwester Petra entwickelt hat und am Freitagabend erstmals vorstellte. Sie ist unter der Adresse www.montessori-zentrum-berlin zu erreichen.