Leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entwickelten im Bergkloster Bestwig Ideen für den Erhalt des Ordenscharismas in ihren Einrichtungen
„Danke, dass Sie an unserer missionarischen Sendung teilnehmen. Danke, dass Sie unsere Einrichtungen und Dienste in unserem Namen leiten. Und danke, dass Sie unser Charisma weitergeben“, sagte Generaloberin Schwester Maria Thoma Dikow am Montag bei der Tagung der leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialunternehmens SMMP im Bergkloster Bestwig. Wie das auch in Zukunft angesichts weniger Ordensschwestern an den verschiedenen Standorten gelingen kann, war das Thema dieses Tages.
An dessen Ende kamen viele gute und konkrete Ideen zusammen: etwa die Einbeziehung dieses Themas bei Arbeitssitzungen oder im monatlichen Netzwerkcafé, Orte der Erinnerung lebendig zu halten, Gottesdienste unter dieses Thema zu stellen oder Möglichkeiten für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schaffen, einen oder zwei Tage im Kloster zu verbringen. Auch könne es interessant sein, ehemalige Missionarinnen und Missionare auf Zeit einzuladen, die ein Jahr lang in den Einrichtungen und Projekten der Schwestern in Brasilien, Bolivien, Mosambik oder Rumänien mitgearbeitet haben.
Darüber hinaus wurde angeregt, Fahrten zu den Gründungsorten der Gemeinschaft in die Normandie anzubieten und spirituelle Fortbildungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchzuführen, die das Charisma der Schwestern und ihrer Ordensgründerin Maria Magdalena Postel in den Einrichtungen thematisieren wollen. Ebenso sei es hilfreich, die Geschichte der Ordensgemeinschaft als Ursprung der meisten Einrichtungen in den Gebäuden zu visualisieren und Informationsmaterialien zur Verfügung zu stellen.
„Warum sollen wir zum Beispiel nicht auch einmal Flyer über die Schwestern und ihre Arbeit an unsere Kunden verteilen?“, fragt Andreas Pieper, Küchenleiter im Haus St. Martin in Herten-Westerholt. Seine Küche kocht täglich 700 Essen – fast 600 davon für die Kunden der ambulanten Dienste und auswärtige Einrichtungen.
Viele Glieder, ein Leib
Schwester Johanna Guthoff, Provinzoberin der Europäischen Ordensprovinz der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel, hatte zu Beginn der Tagung an das Bild aus dem Paulus-Brief an die Korinther erinnert, nach dem alle Glieder ein Leib sind in Christus: „So ähnlich ist es auch bei uns: Sie in unseren Einrichtungen und Diensten und unsere Schwestern in der Ordensgemeinschaft fügen sich zu einer großen Dienstfamilie zusammen.“
Schwester Maria Thoma, die sich derzeit mitten in den Vorbereitungen für das am kommenden Montag beginnende Generalkapitel der Ordensgemeinschaft befindet, stellte auch noch einmal die Präambel der Lebensordnung für die Gemeinschaft in den Blickpunkt. Darin heißt es: „In der Nachfolge Christi wollen wir die empfangene Barmherzigkeit Gottes kundtun in einem gemeinsamen Leben, das missionarisch ausgerichtet ist und in dem Gebet und Arbeit für das Reich Gottes unzertrennlich sind.“
Mission als Auftrag
Sie fragte, wo in den Einrichtungen geistliche Impulse gesetzt würden, wo dort Gemeinschaft erlebbar sei und ob sie sich ihres missionarischen Auftrages bewusst seien. Sie stellte klar: „Mission hat dabei nichts mit Bekehrung zu tun, wie man das vielleicht noch mit der Missionierung fremder Länder in früheren Jahrhunderten in Verbindung bringt. Sonden mit einem Auftrag, der sich auf das Wohl anderer bezieht und nicht auf uns selbst gerichtet ist.“
Anhand von Beispielen aus Bolivien, Brasilien, Mosambik und Rumänien machte sie deutlich, wie die Schwestern dort ihren missionarischen Auftrag in Kinderheimen, Schulen und sozialen Zentren umsetzen – übrigens auch mit weltlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Wie die Ordensfrauen den Auftrag der Gründerin, die Nöte der Zeit zu erkennen, ebenso in Deutschland immer wieder hinterfragen und umzusetzen versuchen, verdeutlichte Schwester Bernadette Korte, die seit einem halben Jahrhundert im Roncalli-Konvent am Gertrudis-Hospital in Herten-Westerholt lebt. „So wurden wir gerade erst um Hilfe gebeten, einer ukrainischen Familie zu helfen, deren Sohn seit 14 Tagen nichts mehr gegessen hat. Er ist traumatisiert, seitdem er Augenzeuge war, wie ein guter Freund von ihm erschossen wurde. Natürlich sind wir für diese Menschen da. Natürlich versuchen wir medizinische Hilfe zu vermitteln. Dies ist ein Beispiel dafür, wie wir das Charisma teilen, weitergeben und offen sind für die Nöte der Menschen. Unser Schwesternkonvent war immer ein offenes Haus.“
Mit dem Schlauchboot in Jena
Ein anderes Beispiel sind die Erfahrungen von Schwester Ruth Stengel. Sie lebte gemeinsam mit Schwester Maria Elisabeth Goldmann und zwei Misisonarinnen Christi bis Anfang 2022 sechs Jahre lang in einer Plattenbausiedlung in Jena. „Hier so nah wie möglich Christus nachzufolgen, war schon eine spannende Erfahrung.“ Sie und ihre Mitschwestern hätten eine wichtige Aufgabe darin gesehen, einfach da zu sein und ansprechbar zu bleiben: „Dazu hatten wir Räume in der Innenstadt, dort, wo auch die Kneipen sind: die sogenannte ‚Orientierung‘.“ Missionarisch zu sein, habe sie in Jena immer als gegenseitiges Lernen verstanden: „So habe ich viel von Menschen gelernt, die gar nicht gläubig, oft aber spirituell auf der Suche sind.“
Als kleiner Konvent habe sie sich wie in einem Schlauchboot gefühlt, das man immer wieder neu zu Wasser lassen kann. „Viele unserer großen Einrichtungen sind dagegen schwere Tanker, vielleicht schon etwas in die Jahre gekommen, aber mit einer eingespielten Mannschaft.“ Die Schwestern müssten dagegen lernen, flexibler zu sein, nicht mehr für immer, sondern in verschiedenen Lebensphasen an unterschiedlichen Orten zu sein. Manche von ihnen sind nur noch zu weit, einige sogar allein an ihrem Einsatzort. Auch das sei für das Gemeinschaftsleben und die stete Rückbesinnung auf den Auftrag der Ordensgründerin eine besondere Herausforderung.
Schwester Ruth kündigte an: „Im August werde ich unser Schlauchboot in der Fulda wieder zu Wasser lassen.“ Gemeinsam mit Schwester Laetitia Müller eröffnet sie einen neuen Konvent am Engelsburg-Gymnasium in Kassel, wo sie die Aufgabe der Schulseelsorgerin übernimmt. Dabei handelt es sich um einen offenen Konvent, der interessierte Frauen einlädt, eine Zeit lang das Ordensleben kennenzulernen.
Entstehung der Leitlinien
Abschließend blickte Schwester Aloisia Höing, 18 Jahre lang Generaloberin der Ordensgemeinschaft und jetzt Provinzassistentin, noch einmal auf die Entstehung der Leitlinien und Ziele für das Leben und Arbeiten in den Einrichtungen der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel zurück. Dieser Prozess sei in den 1980er-Jahren eingeleitet worden, als klar war, dass die Schwestern die Leitungen ihrer Einrichtungen zunehmend an weltliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgeben würden. „Das war auch für uns Ordensschwestern ein neuer Weg. Auf einmal ging es um Unternehmenskultur. Sind wir ein Unternehmen? Bis dahin hatten wir uns gar nicht als solches verstanden.“
Seitdem hat die Struktur dieses Sozial-Unternehmens schon mehrere Umstrukturierungen erfahren. Seit zwei Jahren stehen die Einrichtungen und Dienste unter dem Dach der SMMP Holding gGmbH, deren Vorstand nach wie vor vier Ordensschwestern bilden. Zur Holding zählen fast 50 Einrichtungen und Dienste mit knapp 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Podcast zur Ordensgeschichte
Dass dieses Unternehmen seine Identität nicht verlieren will, zeigten die regen Diskussionen bei der Frühjahrstagung am Montag. „Mit unserer Bildungsakademie sind wir nah am Kloster. Aber für unsere Akademie-Praxen würden wir nach der Corona-Phase gerne noch die Einsegnungen nachholen. Vielleicht kann die ja eine Schwester übernehmen?“ fragte Renate Patan, leitende Ärztin der Bildungsakademie für Therapieberufe, bei der Vorstellung der Arbeitsergebnisse ihrer Gruppe.
Stefanie Bauer, stellvertretende Schulleiterin am Berufskolleg Canisiusstift in Ahaus, erzählte im Abschlussplenum von der Idee, dass man die Geschichte der Ordensgründerinnen im Rahmen eines Schulprojektes mit Schülern ja vielleicht auch als Podcast-Folge aufarbeiten könne. Und die Arbeitsgruppe der Seniorenhilfe SMMP hat unter anderem darüber nachgedacht, standortbezogene Ordenstage für die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzubieten.
Leere Mitte neu gestaltet
Außerdem sei es wichtig, Orte der Erinnerung in den Blick zu nehmen. So erklärte Christoph Pieper: „Dass die Schwestern in Westerholt einen eigenen Friedhof haben, habe ich heute zum ersten Mal gehört.“ Auch das könnten Quellen sein, um sich der Wurzeln zu vergewissern und in die Zukunft zu blicken.
So war die mittags noch kahle Mitte des großen Stuhlkreises im Kapitelsaal mit zahlreichen bunten Ideen für den Erhalt und die Thematisierung des Charismas in den Einrichtungen und Diensten neu gestaltet. Stellvertretend für die Ordensgemeinschaft bedankten sich Schwester Aloisia Höing und Schwester Adelgundis Pastusiak für dieses Engagement. Und sie versprachen: „Da, wo wir noch verfügbar sein können, wollen wir das auch in Zukunft sein.“