Außergewöhnliche Abschlussfeiern – und ungewohnter Unterrichtsbeginn nach den Ferien
In Nordrhein-Westfalen enden am Mittwoch die Sommerferien. Ab dann gibt es an den Schulen wieder in vollem Umfang Präsenzunterricht. Doch genauso, wie die Abschlussfeiern vor den Ferien aufgrund der Corona-Pandemie unter besonderen Vorzeichen stattfanden, verlangt auch der Start ins neue Schuljahr viel Kreativität.
Sowohl für alle Schülerinnen und Schüler, als auch für alle Lehrerinnen und Lehrer gilt dann im Gebäude die Maskenpflicht. „Damit ‚erkaufen‘ wir uns quasi ein Stück Normalität zurück“, sagt Dr. Eduard Maler. Er leitet das Walburgisgymnasium in Menden. Zwar freut er sich, dass der Präsenzunterricht im Klassenraum wieder möglich ist – denn dauerhaft sei eine Aufteilung der Klassen und Kurse in Gruppen, die abwechselnd unterrichtet werden, nicht gut. Doch skeptisch fügt er hinzu: „Ich bin gespannt, wie lange der Normalbetrieb hält.“
Immerhin sind die SMMP-Schulen auf alle Situationen vorbereitet. „Alle Schülerinnen und Schüler haben ihren Microsoft 365-Zugang. Unsere Lernplattformen stehen. Und wir werden zusehen, dass sich auch die neuen schnell darin zurechtfinden“, sagt Schwester Maria Manuela Gockel, Schulleiterin am Berufskolleg Canisiusstift in Ahaus – „das erleichtert es, gegebenenfalls wieder schnell in den virtuellen Unterricht umzuswitchen.“
Mut macht auch das zurückliegende Schuljahr. Obwohl die Einschränkungen durch das Coriona-Virus da noch größer waren, konnten alle Prüfungen stattfinden. Und so erreichen auch in diesem Jahr voraussichtlich wieder über 1000 meist junge Menschen an den Bildungseinrichtungen der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel einen Schul- oder Ausbildungsabschluss.
Allein 374 erhielten die allgemeine Hochschulreife und 246 das Fachabitur. 352 junge Menschen schließen voraussichtlich eine Ausbildung ab. Teilweise stehen die Prüfungen noch aus.
Unter den Auszubildenden stellt die Gruppe der staatlich anerkannten Erzieherinnen und Erzieher mit 144 Examen wieder die größte Gruppe dar. Darauf folgen 53 Kinderpflegerinnen und 44 Sozialassistentinnen. 19 junge Erwachsene schlossen am Berufskolleg Bergkloster Bestwig ihre Ausbildung zum Gestaltungstechnischen Assistenten ab. Dazu kommen in diesem Jahr wahrscheinlich noch 35 Altenpflegerinnen und -pfleger, 30 Ergo- sowie 27 Physiotherapeutinnen und -therapeuten. Für viele Absolventen in diesen Gesundheitsberufen finden die Abschlussprüfungen erst im September statt.
Abiturzeugnisse im Kino überreicht
Für ihre Abschlussfeiern mussten vor allem die Berufskollegs und Gymnasien aufgrund der Corona-Pandemie in diesem Jahr fantasievolle Lösungen finden: Das Engelsburg-Gymnasium in Kassel verlegte seine Entlassfeier in die Säle eines Multiplex-Kinos, um neben den 113 Abiturienten wenigstens deren Eltern bei Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln an der Zeugnisübergabe teilhaben zu lassen. „Schade warm, dass die anschließende Begegnung dabei zu kurz kam. Aber das war unter den gegebenen Umständen die beste Lösung“, meint Schulleiter Thorsten Prinz. Immerhin: Eine Bilderschau mit Musik, die noch einmal Höhepunkte der Schulzeit in Erinnerung rief, kam dort besonders gut zur Geltung.
Schulleiter Dr. Eduard Maler hat die 90 Abiturzeugnisse für das Walburgisgymnasium diesmal im Autokino des Sauerlandparks in Hemer überreicht. Auch dort waren die Bilder aus der zurückliegenden Schulzeit noch einmal groß auf der Leinwand zu sehen. Unter anderem die der großen Schulwallfahrt zum 100-jährigen Bestehen der Schule im Oktober 2019. „Wie glücklich können wir sein, das dieses Jubiläum 2019 stattgefunden hat“, sagt der Schulleiter. In diesem Jahr wäre die Romfahrt kaum möglich gewesen. Auch die Abschlussfahrten der angehenden Abiturienten in der Jahrgangsstufe Q2 vor den Herbstferien mussten schon alle abgesagt werden. „Für sie mag es ein kleiner Trost sein, dass sie diese einwöchige Schulreise im Oktober des vergangenen Jahres miterleben durften“, erklärt Dr. Maler.
Danke für das Lernen unter außergewöhnlichen Bedingungen
30 Schülerinnen und Schüler haben an der Walburgisrealschule die Fachoberschulreife erreicht, 24 davon sogar mit Qualifikation zum Besuch der gymnasialen Oberstufe. Sie erhielten die Zeugnisse in einer Kirche. Dazu überreichte ihnen Schulleiter Marcus Köchling einen Mund-Nase-Schutz als Erinnerung an eine ganz besondere, letzte Phase der Schullaufbahn. Der Schulleiter lobt: „Es ist Ihnen gelungen, aus den schwierigen Bedingungen der letzten Wochen positiven Nutzen für sich, Ihr Lernen und auch für andere zu ziehen. Dies haben Sie mit Hilfe ihrer Lehrerinnen und Lehrer und Ihrer Familien geschafft. Dafür gilt es Danke zu sagen.“
An den Berufskollegs gab es diesmal viele kleine statt weniger großer Feiern. „Ich habe meine Rede neunmal gehalten“, sagt Schulleiter Michael Roth aus dem Berufskolleg Bergkloster Bestwig humorvoll. Durch die Aufteilung aller Klassen konnten auch hier die Eltern an den Abschlussfeiern teilnehmen – „das hatten unsere Schüler ausdrücklich gewünscht.“ Insgesamt entließ das Berufskolleg 293 Schülerinnen und Schüler.
Am Berufskolleg Canisiusstift in Ahaus fanden die Abschlussfeiern für 215 Absolventinnen und Absolventen Anfang Juli bei bestem Wetter im Garten statt. „Dafür haben wir hier ja ein schönes Ambiente“, freute sich die stellvertretende Schulleiterin Stephanie Bauer. Hier wurden – ebenso wie an der Engelsburg in Kassel – mit dem letzten Schultag auch die Preisträger des ersten Schulpreises für Engagement geehrt.
Den Garten wird das Berufskolleg in Ahaus wohl auch an diesem Mittwoch nutzen: „Da der Kennenlern-Nachmittag für unsere neuen Schülerinnen und Schüler im Frühjahr ausfallen musste und sich viel von ihnen noch gar nicht bei uns auskennen, werden wir die neuen Gruppen dort sammeln und dann geschlossen in ihre Klassenzimmer führen“, erläutert Schwester Maria Manuela. Wie sich dann – angesichts der in dieser Woche noch angesagten Hitze – der Unterricht mit Mund-Nase-Schutz gestalten lässt, ist sie auch gespannt: „Wahrscheinlich wird der Garten dann noch häufiger eine Ausweichmöglichkeit bieten.“
Zumal der Unterricht in Klassenräumen mit Masken und Mindestabstand notgedrungen fast nur als Frontalunterricht stattfinden kann – „und davon wollen wir ja eigentlich weg.“ Das sieht auch Dr. Maler in Menden so: „Unsere Lehrer werden gerade auch mit den jüngeren Schülern so oft es geht nach draußen gehen.“
Das „Hybrid-Lerning“ wird intensiviert
Vom Regelbetreib sind die Schulen trotz Präsenzunterricht also noch weit entfernt: ohne Gruppenarbeit, ohne Sportunterricht und ohne Singen und Musizieren im Musikunterricht; ohne Klassenfahrten, Schulveranstaltungen oder bunt gemischter Gemeinschaft auf dem Schulhof, zählt Schwester Maria Manuela auf. Das sehen wohl alle Schulleiter so, die jetzt wieder viel organisieren müssen.
Die Corona-Pandemie wird auch das nächste Schuljahr begleiten. Am Placida Viel-Berufskolleg in Menden nimmt man die derzeitige Situation zum Anlass, das Lenen nach dem Dalton-Prinzip zu intensivieren. Schulleiterin Gaby Petry schreibt dazu auf der Homepage der Schule: „Dazu teilen wir die Klassen in A- und B-Kurse. Während jeweils eine Gruppe präsent vor Ort in der Schule ist, haben die Schülerinnen und Schüler, die nach Dalton selbsttätig zu Hause lernen, jederzeit die Möglichkeit, sich auch digital am Präsenzunterricht zu beteiligen.“ So werde die Form des ‚hybrid learning‘, unterstützt durch einen Dalton-Planer, zur Regel.
Bei den drei Abschlussfeiern in einer Kirche vor den Ferien zitierte die Schulleiterin vor dem Hintergrund der Pandemie ein Lied von Alexa Feser: „Mut ist, wenn du mit der Angst tanzt. Wenn Du das, was du nicht ganz kannst, trotzdem versuchst.“ Sie bat die 181 Absolventinnen und Absolventen darum, gerade in dieser Phase mutig zu sein, das eigene Leben zu leben, Fragen zu stellen und Entscheidungen zu treffen. „Hören Sie auf Ihr Herz, auch wenn dieses Ihnen vielleicht Angst macht.“
Auch an der berufsbildenden Schule Bergschule St. Elisabeth in Heiligenstadt durfte es in diesem Jahr keine gemeinsame Feier für alle Abgängerinnen und Abgänger in der großen Sporthalle geben. Dort teilte man die 182 Absolventen in drei Gruppen auf. Schulleiterin Gabriele Sachse fragte sich angesichts der zurückliegenden Monate, was die Schülerinnen und Schüler wohl mitnehmen: „Abstandhalten, Kontakt vermeiden, alleine bleiben… hoffentlich nicht.“ Sie hofft, dass sie alle einen Rucksack voller Fachkompetenzen und Wissen gepackt haben und die Schule als „als solidarische, sozialkompetente Menschen“ verlassen. In Thüringen liegen die Abschlussfeiern gerade erst drei Wochen zurück. Dort beginnt die Schule wieder Ende August.
„Corona hat uns reifer gemacht“
Am Berufskolleg Bergkloster Bestwig fasste Schülerin Luisa Becker die außergewöhnliche Corona-Zeit wahrscheinlich stellvertretend für alle Absolventinnen und Absolventen der SMMP-Schulen so zusammen: „Diese letzte Phase war aufgrund der Pandemie sicherlich schwierig. Aber ich bin überzeugt, sie hat uns auch reifer werden lassen.“
Und damit sind die Abschlussfeiern noch nicht zu Ende. Sowohl in der In der Pflegeschule der Gesundheitsakademie SMMP in Geseke als auch in der Bildungsakademie für Therapieberufe in Bestwig finden im September noch Prüfungen statt. Voraussichtlich legen in Geseke 35 Absolventinnen und Absolventen ihr Examen in der Altenpflege ab. Und die Bildungsakademie wird 22 Prüflinge in ihre Physiotherapie-Examen sowie weitere 20 in das Ergotherapeuten-Examen schicken. Das passiert dann schon am neuen Ort. Denn Anfang September zieht die Bildungsakademie in neue Räumlichkeiten um. „Ab Oktober werden wir dann in beiden Bildungsgängen durchgängig dreizügig sein. Dafür brauchen wir einfach mehr Platz“, erklärt Akademie-Leiter Andreas Pfläging.