Teil 3
Samstag, 25.02.2017
Ich schaue aus dem Fenster: Schmetterlinge, überall Schmetterlinge, die um die Blumen herum tanzen. Ganz selten gelingt es einmal, einen im Foto festzuhalten, zu schnell sind sie wieder weg. Aber es ist wunderschön, sie zu beobachten!
„Wie die Vögel des Himmels“, rufen mir Ir. Ana Brígida und Ir. Felizarda zu, die gerade vorbeigehen. Das ist das Evangelium von morgen, das wir heute früh in der Liturgievorbereitung besprochen haben. Diese bekannte Geschichte von den Vögeln des Himmels und den Lilien im Felde fordert dazu auf, sich keine Sorgen um den morgigen Tag zu machen. Ganz schön schwierig in dieser mosambikanischen Realität, finde ich. Wie soll man sich keine Sorgen machen, wenn man nicht weiß, ob und wie man die Familie am nächsten Tag ernähren soll? Und es kann ja auch nicht der Sinn der Sache sein, das Evangelium so zu interpretieren, dass man sorglos wie die Schmetterlinge durch den Tag flattert und die Hände in den Schoß legt, weil man denkt, Gott werde schon sorgen. Eine Herausforderung, dazu etwas zu sagen, was einerseits klar macht, dass man selbst etwas tun muss und verantwortlich ist für die Organisation des eigenen (Über-)Lebens, andererseits aber alles Gott überlassen soll.
Den Vormittag haben wir heute wirklich frei, das tut gut, um einiges aufzuarbeiten, was liegen geblieben ist.
Zum Mittagessen gehen wir aus: Die MaZ haben uns in den Pavillon an ihrem Haus zum Pfannenkuchenessen eingeladen. Der Tisch ist schön gedeckt, die Pfannkuchen sind gebacken, eine Mischung aus Thunfisch, Tomaten, Zwiebeln und Knoblauch dient als „Carril“. Für diejenigen, die Pfannkuchen lieber süß mögen, gibt es Honig aus Südafrika und Zimtzucker aus Tansania.
Wir haben als Gastgeschenk eine Tafel Schokolade mitgebracht, die die Reise bis hierher relativ unbeschadet und noch vollständig überstanden hat. Die MaZ haben einen leckeren Eistee selbst zubereitet. Das „Restaurant São Miguel“, wie Ir. Fátima es nennt, können wir nur weiterempfehlen!
Am späten Nachmittag folgen wir der Einladung der Vocacionadas und Aspirantinnen in den Hof vor der Casa Marta. Sie haben ein Programm mit traditionellen Tänzen vorbereitet, das große Fitness erfordert. Ich frage mich, wie sie es schaffen, bei dem körperlichen Einsatz ihre Capulanas nicht zu verlieren. Die Tänze begleiten sie mit ihrem eigenen Gesang und natürlich mit „Batuques“, den Trommeln, die nicht fehlen dürfen. Zum Abschluss gibt es Gebäck und ein süßes Getränk, für uns Cola.
Morgen soll es nach Nipepe gehen, dem Ort, an dem das brasilianische interkongregationale Mosambik-Projekt begonnen hat. Die Schwestern Ana Brígida und Felizarda, die aus Nipepe stammen, fahren mit, auch Laurinda, eine Vocacionada, die erst kurze Zeit bei uns ist. Auch ich kenne Nipepe noch nicht, und so sind wir sehr gespannt auf den Ausflug.
+ Sonntag, 26.02.2017
05:00 Uhr – wir sind noch etwas verschlafen, als wir ins Auto steigen und uns auf den Weg nach Nipepe machen. Es ist noch dunkel, nur einige hellere Streifen am Himmel künden den heraufziehenden Tag an. Durch die offenen Fenster kommt empfindlich frische Luft herein, so dass ich schon bedauere, nicht noch eine zusätzliche Capulana mitgenommen zu haben. Wir fahren auf der breiten Straße, die nach Tansania führt. Auch hier gibt es Stellen, die uneben und huckelig sind, aber im Großen und Ganzen geht es flott voran.
Es bleibt neblig und verhangen. Wir durchfahren das Gebiet, in dem es viele Affen gibt, und hin und wieder sehen wir Schilder, die vor Elefanten warnen. Während wir uns vorstellen, es müsste toll sein, richtigen Elefanten zu begegnen, haben die Menschen hier Angst vor ihnen. Wenn die Elefanten in die Dörfer kommen oder über die Felder ziehen, hinterlassen sie eine Spur der Verwüstung. Obwohl es verboten ist, töten die Menschen sie. Daher werden sie in Reservaten in Sicherheit gebracht.
Die Entfernung nach Nipepe beträgt ca. 160 km. Man kann den Ort bei guten Straßenverhältnissen in ca. 2 ½ Stunden erreichen. Von der reinen Fahrzeit her hätten wir es schaffen können, aber da wir unterwegs eine Frühstückspause machen, kommen wir erst 5 Minuten nach 8 Uhr an. Die Messe hat schon angefangen. In der vollen Kirche finden wir hinten noch Sitzplätze. Der Pfarrer bemerkt uns und schiebt noch eine Begrüßung vor oder in den Bußakt ein.
Die Kirche von Nipepe ist seit einigen Jahren eine Wallfahrtskirche. Hier hat sich während des Bürgerkrieges ein Wasserwunder ereignet, das Sr. Irene Stefani, einer ConsolataMissionarin aus Italien, zugeschrieben wird. Im Jahr 1989 hatten 270 Personen in der Kirche Zuflucht vor den kämpfenden Parteien gesucht. Vier Tage lang waren sie dort eingeschlossen und haben mit dem Wasser aus dem Taufbecken überlebt. Auf der Irene Stefani-Webseite heißt es: „Es war genug für alle zum Trinken und zum Erfrischen da und sogar zum Waschen eines Babys, das dort geboren wurde“. 2015 wurde Irene Stefani seliggesprochen.
Ir. Ana Brígida ist an diesem Taufbrunnen getauft worden von Padre Freezer, der beim Wasserwunder dabei war. Auch der Vater von Sr. Ana Brígida gehörte zu den Eingeschlossenen.
Die Kirche ist von innen ganz mit Erdfarben bemalt, die leider an einigen Stellen schon abgeplatzt sind. Der Taufbrunnen ist aus einem Baumstamm geschnitzt und schön verziert. Neben ihm hängt ein großes Bild, das an das Wasserwunder erinnert; das Altartuch zeigt Irene Stefanie gleich viermal; neben dem Kreuz gibt es noch ein Bild von ihr und hinten in der Kirche zwei Plakate zu ihrem Leben. Dieses Ereignis im Bürgerkrieg hat die Gemeinde sehr geprägt.
Nach dem Gottesdienst besuchen wir die Missionsstation, die für uns den Beginn in Mosambik gebildet hat. Ir. Leila erzählt, wie schlimm der Anfang war und empfindet den jetzigen Zustand als „Himmel“. Heute wird die Station von einer BernardinerSchwester aus Brasilien und einer brasilianischen Laienmissionarin bewohnt.
Anschließend fahren wir kurz zum Bruder und zum Vater von Laurinda, unserer Vocacionada, und dann zur Familie Martinho, wo wir mit gekochten Maiskolben bewirtet werden. Mit Mais und Kürbissen reich beschenkt treten wir die Heimfahrt an.
Die Rückfahrt führt über einen anderen Weg. Streckenweise ist das nicht viel mehr als bei uns ein Feldweg, der an manchen Stellen recht gut befahrbar ist, dann aber unvermittelt tiefe Löcher und Gräben hat, so dass Ambrosio, der diese Strecke fährt, abrupt bremsen muss, um nicht voll in die Löcher zu knallen. Mir kommen die 60 bis 80 Stundenkilometer rasant schnell vor: Radfahrer springen auf die Seite oder fahren in die Felder und Hühner rennen um ihr Leben, vielleicht ist auch eines auf der Strecke geblieben.
Einmal überholen wir eine Chapa an einer Stelle, die etwas breiter ist, an einer anderen Stelle kommt uns ein Bulli entgegen. Ansonsten begegnen uns keine Autos. Das ist gut an den Stellen, wo der Weg so schmal ist, dass das hohe Gras und die Büsche uns rechts und links an die Fenster schlagen. Aber wenn wir hier liegenbleiben, finden wir so schnell auch keine Hilfe.
Ich denke daran, dass wir am Morgen in Metarica an der neuen Tankstelle vorbeigefahren sind und Ir. Leila bemerkte, dass die leider außer Betrieb sei, und überlege, wie wohl der Füllungsstand des Tankes sein mag. Mir fällt ein, dass neulich ein Rad sich selbstständig gemacht hat. Ich erinnere mich an die Situation, wie wir vor Jahren auf der Ilha de Moçambique festsaßen, weil ein Teilchen am Auto kaputt war und bin wesentlich weniger entspannt als Sr. M. Thoma, die die endlos scheinende Fahrt durch Savanne und Ackerland nur genießt. Angebaut werden hier vor allem Mais, Erdnüsse, Tabak und Baumwolle.
Ab und zu kommen wir an Straßenkreuzungen, die natürlich keine Beschilderung tragen. Ob Ambrosio wohl den richtigen Weg gewählt hat? Die Fahrt durch die unbewohnte Gegend kommt mir sehr lang vor.
Ir. Ana Brígida bewundert hin und wieder ein schön angelegtes Feld und erklärt uns, warum wir heute keine Affen sehen: die befinden sich nämlich auf den Feldern, um den Besitzern die Ernte zu stehlen. Das ist tatsächlich ein großes Problem. Die Affen verstecken sich und warten ihren Moment ab, um die Ernte schon mal vorweg einzuholen. Daher leben manchmal in der Erntezeit ganze Familien auf dem Feld, um die Affen daran zu hindern, ihr Unwesen zu treiben. Wenn man ein Wochenende z. B. nicht da ist, findet man manchmal bei der Rückkehr das Feld völlig verwüstet und abgeerntet vor.
Unter einem Baum machen wir Pause, um Butterbrote und gekochte Eier zu essen. Sofort kommen Kinder aus dem Nichts, auch ein junger und ein älterer Mann. Mir ist es peinlich, zu essen, wenn zerlumpte Kinder um mich herumstehen, aber sie bekommen auch etwas und freuen sich.
Ir. Ana Brígida macht gleich ein bisschen Berufungspastoral: Die Mädchen könnten doch eines Tages auch mal Schwestern werden. Aber zunächst muss sie den Mann noch überzeugen, dass er seine Kinder erst mal in die Schule schicken muss.
Wir machen einen Abstecher nach Maiaca, einer verlassenen Missionsstation der Consolatas. Durch den Krieg ist die einst blühende Station zerstört und sind die Consolatas vertrieben worden. Die Kirche wird noch gebraucht, die umstehenden Gebäude verfallen. In der Nähe stehen einige Hütten, aus denen sofort einige Kinder kommen uns neugierig anschauen.
Angst haben sie nicht vor uns, das zeugt davon, dass Padre Freezer, der Italiener, und eine Schwester Silvestra hierher kommen, um die Messe zu feiern und vielleicht auch Katechese zu machen. In der Blütezeit gab es hier ein Hospital, eine Schule, ein Internat. Mit Hilfe der Kinder gelingt es uns, den Mann zu finden, der den Schlüssel für die Kirche hat.
Als wir in die Kirche kommen, verschlägt es uns fast die Sprache. Wir finden einen voll ausgemalten Innenraum mit einem Riesenkreuz und bunten Bildern mit Stationen aus dem Leben Jesu vor. Das ist unglaublich. Der Künstler, der die Wände bemalt und die Schnitzarbeiten angefertigt hat, ist auch da.
Es gibt einen Ambo mit einem riesigen Pelikan, Sinnbild der Hingabe Christi, und einen geschnitzten Taufbrunnen, der an den von Nipepe erinnert. Wir sind völlig überwältigt und machen unzählige Fotos. Das gefällt den Kirchenwächtern offensichtlich, denn schließlich ist das eine Wertschätzung für das, was sie geschaffen haben bzw. hüten.
Die Fahrt führt weiter über kleine und enge Wege, und ich bin froh, als wir endlich auf die große Straße einbiegen und dann auch bald in Metarica an-
kommen. An der Tankstelle am Ortseingang stehen jetzt Autos, so dass wir davon ausgehen, dass es nun Benzin gibt. An der Tanksäule hat sich schon eine Schlange gebildet. Menschen kommen mit allen möglichen Behältern, um Benzin für den Hausgebrauch zu kaufen. Sogar eine Colaflasche dient als Behälter.
Voll mit Eindrücken und Gott sei Dank ohne Pannen oder andere Zwischenfälle kommen wir am Abend wieder zuhause an und sind dankbar für den Tag, der hinter uns liegt.
+ Montag, 27.02.2017
Heute ist Studientag im Konvent. Statt Laudes zeige ich um 05:55 Uhr eine Präsentation zum Leben von Schwester Martha.
Dann steht Schule auf dem Programm. Mit Sr. Fátima gehen wir durch die Klassen, angefangen bei den Kleinsten in der Escolinha bis hin zu den Viertklässlern im Centro Educacional.
Im ersten Raum werden gerade die Farben gelernt. Auf dem Boden liegt ein Brett, das in verschiedene Farben unterteilt ist. Die Kinder bekommen den Auftrag, bis zu einer bestimmten Farbe zu gehen. Wenn ein Kind auf einer verkehrten Farbe stehenbleibt, fragt der Lehrer, ob jemand helfen kann. In dieser Schule ist es nicht üblich, dass man den Kindern sagt, etwas sei falsch, denn das entmutigt sie. Zur Kontrolle gibt es auf dem Pult Becher in denselben Farben.
Außerdem werden die farbigen Plastikstühlchen verwendet, um die Kenntnisse zu festigen. Wir erfahren, dass in den anderen Schulen keine Farben gelehrt werden, daher kennen viele Mädchen, die in der 8. Klasse zu uns kommen, die Farben noch nicht.
Nebenan lernen die Kinder geometrische Formen: Kreis, Rechteck und Dreieck mit Hilfe von großen Formen, die man anfassen und hochhalten kann. Dass die Kinder auch lernen müssen, dass es sich um geometrische Formen handelt, finde ich ziemlich anspruchsvoll für das Kindergartenalter. Aber wie wiederholen brav: „Formas geométricas“.
Bei den Allerkleinsten wird gerade geknetet. Die Masse stellt Ir. Fátima selbst her aus Mehl und Salz mit ein wenig Öl. Das ist jahrelang haltbar und wird nicht hart. Manche Kinder machen Ostereier oder Kugeln, andere Würstchen. Die Fittesten haben Männchen geformt, einer sogar ein Auto, zu dem ein Männchen als Chauffeur passt.
Neben diesem Raum liegt der Küchentrakt. Die drei Angestellten haben gerade den Brei in die großen Eimer gefüllt, die zum Abholen bereit sind. Auf jedem Eimer steht eine Schüssel mit Tellern und Löffeln in der Anzahl der Kinder der jeweiligen Gruppe. Das Stück Land vor der Küche gehört zum Kindergartenbereich. Die Kinder müssen lernen, dieses Stück sauber zu halten und die umstehenden Pflanzen zu wässern. Das gehört zu den Dingen des praktischen Lebens, die auch auf dem Lehrplan stehen. In den staatlichen Schulen müssen alle Kinder am Samstag das Schulfeld bestellen.
Die Kinder aus der Knetgruppe sehen wir später auf dem Hof wieder. Sie haben Unterricht im Fahrradfahren. Eine MaZ-Gruppe hatte Geld für die Fahrräder gespendet, damit die Kinder lernen, wie Fahrradfahren geht. Die beiden Fahrräder haben Stützräder, die sind auch noch nötig, denn Gelegenheit zu Üben haben die Kinder zuhause nicht, und so müssen sie hier ganz vor vorne anfangen.
Im Schulbereich sind heute Morgen die beiden ersten und die beiden dritten Klassen hier. In der ersten lernen die Kinder die Wörter für das Schulmaterial, in der einen dritten Klasse geht es um Synonyme, in der anderen um Antonyme. Eigentlich sollten die beiden Klassen parallel arbeiten, erklärt uns Ir. Fátima, da muss sie nachhaken.
Die Lehrer müssen Dreimonatspläne vorlegen. Bisher tun die meisten das noch handschriftlich. Ziel von Irmã Fátima ist es, die Lehrer zu verpflichten, diese Pläne in den Computer einzugeben. Bis jetzt gibt es einen PC im Lehrerzimmer, den die Lehrer nutzen können. Auffallend ist, dass die drei neuen Lehrer von diesem Jahr überhaupt noch keine Computerkenntnisse besitzen.
Für den Unterricht der Schüler gibt es zwei PCs, aber einer davon ist schon reichlich altersschwach und müsste eigentlich aus dem Verkehr gezogen werden. Da am Samstag die Bibliothek für die Öffentlichkeit geschlossen ist, kann dort der Unterricht für kleine Gruppen stattfinden.
Die Schule geht inzwischen bis zur vierten Klasse. Es stellt sich sie Frage, wie weit wir die Schule ausbauen können und wollen. Der Unterricht von der 1. bis zur 7. Klasse bildet einen geschlossenen Zyklus. Danach hat man eine Grundausbildung abgeschlossen.
Ir. Fátima erklärt uns, dass sie nur bis zur 5. Klasse gehen will, denn in der 6. und 7. bräuchte sie für jedes Fach Extralehrer, das wäre nicht zu leisten. Alternativ müssten die Kinder für bestimmte Fächer zur staatlichen Schule gehen, da würde die halbe Unterrichtszeit mit dem Weg draufgehen, das wäre auch keine Lösung. Außerdem kann die Schule aus Platzgründen nicht mehr als 500 Schüler aufnehmen. Ir. Fátima geht davon aus, dass unsere Schüler bis zur 5. Klasse so viele Kenntnisse erworben haben, dass sie ohne weiteres an der staatlichen Schule klarkommen. Und wenn man bedenkt, dass viele Mädchen, die zu uns kommen, die Klasse 1 – 7 durchlaufen haben, ohne lesen zu können, sind unsere Schüler klar im Vorteil.
Am Nachmittag besuchen wir die 2. Klassen, die das Konzept der Zehner und Einer lernen. In der 4. Klasse wird der Unterschied zwischen einfachem „r“ und doppeltem „rr“ behandelt. Hier gibt es keine Parallelklasse, weil die beiden Klassen im letzten Jahr wegen der Erkrankung einer Lehrerin zusammengelegt wurden. Das funktionierte so gut, dass man dabei blieb.
Heute Nachmittag ist auch die Alphabetisierungsklasse da. Das ist eine Gruppe von 17 Frauen und einem Mann, die seit drei Jahren dabei sind. Angefangen hat das Ganze als Projekt für die Patenfamilien. Im ersten Jahr haben die Teilnehmer nur Portugiesisch sprechen gelernt, im zweiten die Buchstaben und das Schreiben des eigenen Namens, im dritten Jahr den Stoff der 5. Klasse der Schule. Wenn sie die Prüfung am Ende des Jahres bestehen, können sie an der staatlichen Schule mit der 6. Klasse weitermachen.
Unser Alphabetisierungskurs wurde im letzten Jahr staatlich anerkannt. Das ist gut so, denn so wird das Gehalt des Alphabetisierungslehrers vom Staat bezahlt.
Es gibt überall solche Alphabetisierungskurse, aber normalerweise laufen sie nicht. Die Lehrer sind nicht motiviert, weil sie nur einmal am Ende des Jahres ein Gehalt von 500 Meticais bekommen, das sind keine sieben Euro! Die Schüler haben in der Regel auch wenig Lust und kommen kaum oder gar nicht. So gibt es diese Kurse nur pro forma. Deshalb vermuten wir, dass unser Kurs anerkannt worden ist, um ein Vorzeigeprojekt zu haben.
Bevor wir die Schule verlassen, schauen wir noch schnell bei unserem MaZ Robert in die Englischstunde. Die Schüler stehen auf und begrüßen uns mit „Good aftenoon. How are you? – Und als wir unsererseits sie fragen, antworten sie vielstimmig: „Thank you, I am fine!“ Es scheint Lehrer und Schülern Spaß zu machen.
Beim Abendessen kommt Sorge auf wegen der beiden Schwestern, die heute Morgen mit den MaZ nach Cuamba gefahren sind. Es hat den ganzen Tag immer wieder geregnet, und jetzt ist der Regen stärker geworden. Die Straßen müssen miserabel sein. Gott sei Dank kommen die beiden aber gegen 19:30 Uhr heil und gesund an.
+ Dienstag, 28.02.2017
Die Laudes beginnen um 05:55 Uhr, aber ich bin die Letzte, als ich um 05:50 Uhr einziehe. Ich habe Probleme mit der Capulana. Zehn Minuten habe ich erfolglos damit gekämpft, den richtigen Sitz zu finden – es darf nicht zu eng sein, weil ich mich dann nicht bewegen kann, und nicht zu weit, weil es sonst herunterfällt.
Die Capulana ist einfach ein rechteckiges Tuch, das irgendwie um die Hüften gewickelt wird; die Enden werden in der Taille, dort, wo ein Rockoder Hosenbund sitzen könnte, irgendwo eingesteckt. Das Dumme ist nur: Man hat um die Taille herum jede Menge Stoff, aber um die Hüfte herum wird es eng und nach unten hin verläuft es gerade, so dass man wenig Bewegungsfreiheit für die Beine hat. Große Schritte sind nicht drin, Schreiten geht, aber das ist eher nicht meine Fortbewegungsart.
Ich habe heute keine andere Wahl, weil ich gestern zwar alle Wäsche gewaschen und auf die Leine gehängt habe, aber eifrige und hilfreiche Geister die Sachen vor dem Regen gerettet und irgendwo in Sicherheit gebracht haben, wo ich keinen unmittelbaren Zugang habe. Nun, heute muss es gehen. Auf jeden Fall sieht es afrikanisch aus.
Heute Morgen ist ein Treffen mit den 113 Familien, die Paten aus Deutschland haben, und alle bis auf eine, die wegen Krankheit entschuldigt ist, sind gekommen. Die meisten sind schon vor Tag und Tau aufgebrochen, einige wohnen bis zu 15 km entfernt.
Seit 07:00 Uhr sind sie dabei, das Ambiente vorzubereiten und ihre Arbeit zu tun, die sie als Gegenleistung zur Unterstützung, die sie bekommen, erbringen. Heute ist das Grün der Erdnusspflanzen zu entfernen und als Dünger auf das Feld zu bringen. Das ist das Prinzip hier, dass sie nicht nur etwas empfangen, sondern auch lernen, dass sie selbst etwas zu geben haben. Ihre Gabe besteht in der Hilfe, die sie im Garten und auf dem Feld leisten und aus den Gaben, die sie uns bringen.
Das Treffen, das unter dem großen Baum stattfindet, beginnt mit der formellen Begrüßung, dem Verlesen des Protokolls und der Liste der Gaben, die gebracht werden. Senhor Ezequiel hat zur Feier des Tages einen Anzug mit Krawatte an, der zwar zu groß und auch etwas knitterig ist, ihm aber eine große Würde verleiht. Er und Senhor Faustino sind die rechte und linke Hand von Ir. Leila. Ezequiel macht die Protokolle und übersetzt ins Macua, Faustino ruft die Leute zusammen. Beide helfen nach Kräften mit, die Arbeit zu koordinieren.
Die Gruppe hat einige typische traditionelle Tänze eingeübt, die sie für uns tanzen. Den Höhepunkt bildet ein Tanz der Männer, bei dem ein älterer Mann zum Rhythmus der Trommeln eine Textbotschaft überbringt. Einige Fetzen sind auf Portugiesisch und wir verstehen, dass es um die Kolonialzeit geht, in der die Kolonialherren den Einheimischen gesagt hätten, ihre Kinder könnten nichts lernen. Das sei Lüge. Und immer wieder ruft er dieses Wort „Mentira – Lüge – menti-
ra, mentira“. Und dann lobt er die Schwestern, die die Erziehung für die Kinder ermöglicht haben.
Der Tanz ist wild. Er wird nicht nur von den üblichen virtuosen Trommlern begleitet, sondern auch von einer Gruppe, die mit Holzstäben auf lange Aststücke schlägt. Die Texte und Bewegungen wiederholen sich, ich kann mir gut vorstellen, dass ein solcher Tanz zur Ekstase führen kann. So weit kommt es aber hier nicht, denn es steht ja noch die Gabenprozession an. In langen Reihen werden die Gaben gebracht: ein Sack Reis, zwölf Hühner, 32 Eier, drei geflochtene Schalen, zwei Bananenstauden, neun Tauben, zwei Bündel Zuckerrohr, eine Gans und 40 Bündel Feuerholz. Das ist das, was auf der Liste von Senhor Ezequiel steht, aber es wird noch viel mehr gebracht. Reis, Erdnüsse, Bohnen, Melonen, Quiaba, Kürbis… Jeder gibt etwas von dem, was er hat. Es ist beeindruckend, diese Prozession zu sehen. „Keiner ist so reich, dass er nicht etwas bräuchte. Und keiner ist so arm, dass er nicht etwas geben könnte“, hatte Ir. Leila in ihrer Ansprache gesagt. Die Leute sind stolz, etwas beitragen zu können. Viele haben ihre Kinder in der Escolinha oder der Escola, sie wissen, dass täglich für viele Menschen Essen bereitet wird und ihr Beitrag tatsächlich gebraucht wird.
Zum Abschluss gibt es Lanche: ein süßes Brötchen für jeden und ein Getränk, das aus großen Eimern in Smileybecher gefüllt wird.
Bevor Ir. Leila das Patengeld verteilt, hält sie noch eine Ansprache: Das Geld ist für die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Familie und vor allem für die Kinder gedacht. In jedem Jahr gab es bisher ein Ziel, das alle erreichen sollten: Vor zwei Jahren wurde dafür gesorgt, dass alle Familien einen Zaun um ihr Haus bekommen, damit nicht die Ziegen oder Schweine das Nachbarn ihre Pflanzen fressen und das Anwesen zerstören. Im letzten Jahr wurden Mais und Maniok auf dem Anwesen gepflanzt. In diesem Jahr ist es das Ziel, alle Kinder registrieren zu lassen und ihnen Dokumente zu verschaffen.
Am Nachmittag kommt die Placidagemeinschaft. Es sind 27 Mitglieder, Männer und Frauen, Die Eltern von Ir. Argentina sind dabei, der Vater von Ir. Tânia, die Lehrer Tocoleque und Ismael und Pedrito, der im Sekretariat arbeitet.
Einmal im Monat treffen sich die Mitglieder, beten miteinander und besprechen, wie sie anderen helfen können. Ein weiteres Mal haben sie Anbetung bei den Schwestern und einmal im Monat machen sie Besuche im Krankenhaus, wo sie Feuerholz mitnehmen, damit für die Kranken Essen gekocht werden kann. Wenn der Monat 5 Sonntage hat, nützen sie diesen 5. Sonntag für individuelle Besuche.
Die Gemeinschaft ist im Jubiläumsjahr vor 10 Jahren entstanden und hält fest zusammen. Drei der Mitglieder sind schon gestorben, aber im Gedenken der anderen noch lebendig. Das Ziel der Gemeinschaft ist es, die Werke der Barmherzigkeit in ihrem konkreten Leben zu tun. Das gemeinsame Gebet hilft ihnen dabei.
In einem szenischen Spiel führen sie uns vor, was sie tun und wie sie es anstellen. In der ersten Szene besucht ein Mitglied ein Ehepaar, das krank ist und sich nicht versorgen kann. Der Fall wird in der Gemeinschaft besprochen und eine Hilfsaktion eingeleitet: Die Mitlieder bringen Feuerholz, Wasser und etwas zu essen.
In einer zweiten Szene wird einem alten Mann geholfen, der keinen Menschen hat. Man bringt ihm Wasser und etwas zu essen und baut ihm in Windeseile mit dem mitgebrachten Schilf eine Toilette. In beiden Szenen wird auch noch ein wenig Werbung in eigener Sache gemacht und angeregt, in die Kirche zu gehen.
Uns gefällt die Art, wie die Mitglieder ihr Leben spielen. Der junge Mann, der den Asthmakranken darstellt, jammert: „Sofrimento, sofrimento mesmo“ (Leiden, großes Leiden) und hustet dramatisch. Senhor Ezequiel, der am Morgen im Anzug erschienen war, gibt jetzt im Bademantel den Alten und wächst förmlich über sich hinaus, so sehr geht er in seiner Rolle des verwahrlosten und unzufriedenen Alten auf.
Mittendrin setzt ein Platzregen ein, aber es geht unverdrossen weiter. Auch wir weichen nicht von der Stelle. Egal, ob wir nass werden, das müssen wir durchziehen. Die Menschen haben sich so viel Mühe gemacht, dass wir das auf jeden Fall würdigen wollen. Das Theaterstück wird mit großem Beifall belohnt, die Akteure sind sichtlich stolz auf sich.
Anschließend kommt noch einmal eine kleine Gabenprozession, in der zwei Hühner und Kürbisse überreicht werden, und die Placidagemeinschaft erhält ein Lanche mit Brötchen und Limonade.
+ Mittwoch, 01.03.2017
Aschermittwoch – die Trommeln, Rasseln und anderen Rhythmusinstrumente und auch der Tanz werden aus der Kirche verbannt. Bis Ostern muss auf das verzichtet werden, was die Liturgie hier so lebendig macht.
Wir haben einen Tag mit Einzelgesprächen vor uns. Es gibt nur einen Programmpunkt außerhalb: die Messe um Nachmittag um 16:00 Uhr. Die Schüler an unserer Schule dürfen früher gehen, und auch an der staatlichen Schule hat man eine Freistellung für die christlichen Schüler erwirkt, und so füllt sich die Kirche, die zunächst ziemlich leer wirkt, doch nach und nach.
Eine Gruppe von sieben Männern gestaltet den Gottesdienst liedtechnisch und stimmgewaltig. Die Gesänge sind mehrstimmig und wirken düster. Pünktlich zum Wortgottesdienst setzt ein starker Regen ein, der seinen Höhepunkt während der Lesungen erreicht. Es wird so laut, dass man nur erahnen kann, dass etwas gelesen wird, verstehen kann man rein gar nichts. Das Evangelium ruft der Pfarrer selbst ins Volk, aber von der Predigt des Vikars versteht man nur Wortfetzen: „Cuaresma – reconciliação – perdão – jejum“ (Busszeit – Versöhnung – Vergebung Fasten) – vielleicht reichen diese Stichworte schon, um Meditationsstoff für die gesamten 40 Tage zu haben. Aber welche Ironie: Mit dem Amen der Predigt hört der Regen auf! Wir sitzen an der offenen Tür und können die Kinder vorbeiziehen sehen, die sich aus der Kirche gestohlen haben, um das Plantschen im Wasser zu genießen. In einer großen Pfütze steht ein Kleiner Knirps fast bis zu den Knien im Wasser und hat seinen Spaß dabei.
Nach der Verteilung des Aschenkreuzes kichern die Kinder verstohlen, als sie uns sehen. Das dicke schwarze Kreuz auf der weißen Stirn muss zu komisch für sie sein. Beim Friedensgruß werden wir von Kindern umringt, die uns die Hände geben wollen. Wir sind nicht mehr fremd hier.
Nach der Kirche erntet Sr. Fátima die ersten Maçarocas, grünen Mais, in unserem eigenen Garten, den wir am Abend genüsslich verspeisen.
Es geht fast nahtlos weiter mit der Vesper in unserer kleinen Kapelle. Die Blumen sind verschwunden, der Altar ist mit einem violettfarbenen Tuch bedeckt, neben der Kerze steht eine Schale mit Asche, alles angepasst an die liturgische Zeit.
Nach dem Abendessen setzen wir unsere Gespräche fort, sind aber froh, dass es zwei Stunden später doch erst mal gut ist für heute. Morgen ist Messe hier in der Kapelle. Sie soll um 05:45 Uhr anfangen, aber die Erfahrung zeigt, dass man zu spät kommt, wenn man 10 Minuten früher da ist.
+ Donnerstag, 02.03.2017
Unser letzter Tag in Metarica bricht an. Alles dreht sich heute um das Thema „Abschied“. Mit dem Konvent machen wir eine Abschlussrunde zur Auswertung dieser Zeit hier in Metarica, bei der Sr. M. Thoma am Ende jeder Schwester ein Kontinentekreuz überreicht. Die fünf Farben symbolisieren die fünf Kontinente. Sr. M. Thoma interpretiert die auf dem Kreuz vereinten Farben als Zeichen der Einheit unserer internationalen Gemeinschaft.
Zum Mittagessen ist der Tisch mit bunten Servietten geschmückt, und es gibt ein leckeres Essen als Vorwegnahme des Placidafestes und als Abschiedsessen für uns, denn morgen sind wir um diese Zeit auf der Straße.
Am Nachmittag finden noch einmal abschließende Gespräche statt und nach der Vesper singen und die Mädchen aus den verschiedenen Häusern ein Abschiedslied. Danach gibt es ein Abschiedsessen im Freien. Und schließlich müssen wir noch die Koffer packen und uns ganz praktisch mit diesem Thema befassen.
+ Freitag, 03.03.2017
Am Freitagmorgenwird es dann mit dem Abschied konkret. Vorher nehmen wir aber noch den Kreuzweg um 05:45 Uhr auf dem Gelände der Schule mit. Natürlich beginnen wir früher als angesetzt, das sind wir schon gewöhnt. Wir ziehen durch das Maisfeld am Spielplatz vorbei und auf den großen Schulhof. Das Kreuz wird von unseren jungen Mädchen vorweg getragen. Nach ein oder zwei Stationen wird gewechselt. Alle Mädchen sind da, auch einige Lehrer und Angestellte. Es ist beeindruckend, wie die Gruppe mit großem Ernst betend über das Gelände zieht. Es ist kein großer Aufwand und trotzdem feierlich und anschaulich.
Danach beginnt der Abschiedszyklus: erst von den Teilnehmern des Kreuzweges, nach dem Frühstück von den Mädchen, die am Morgen keine Schule haben, dann von den Schwestern und am Schluss noch von den Kindern der Escolinha, die sich gegenüber er Schule aufgestellt haben und uns ein Abschiedslied singen, bei dem sogar – trotz Fastenzeit – die Trommel zum Einsatz kommt.
Und dann liegen die zwei Wochen in Metarica hinter uns. Voll gepackt und abwechslungsreich, mit einigen Momenten des Innehaltens und der gemeinsamen Reflexion. Es war eine gute Zeit!
Die Straße nach Cuamba ist durch den vielen Regen nicht besser geworden. Die Löcher sind tiefer und streckenweise ist es ziemlich matschig. An vielen Stellen gibt es große Pfützen, die oft über die ganze Straßenbreite reichen, und manchmal weiß Ir. Leila nicht, ob sie rechts, links oder mittig durchfahren soll, denn das Wasser bedeckt die Untiefen. Die großen Lastwagen, die hier durchbrettern, haben an den matschigen Stellen tiefe Rinnen hinterlassen, und so bekommen wir wieder kostenlose Schüttelmassage. Beim Rosenkranz, den die Postulantin Linda auf Deutsch, Portugiesisch und Latein vorbetet, hüpft die Stimme mit dem Gehuckel auf und nieder. Zum Glück regnet es nicht, und wir kommen trotz der widrigen Straßenverhältnisse nach zwei Stunden in Cuamba an.
Ir. Leila muss noch einige Einkäufe tätigen und nimmt uns mit in ein Geschäft, das Schreibwaren und Computerzubehör verkauft. Der Besitzer ist ein Inder, der noch mehrere Geschäfte in Cuamba hat. Mit Ir. Leila verbindet ihn eine langjährige Freundschaft. Er hat sie beim Bau seines vornehmen Hauses um Rat gefragt und lädt sie heute zum Geburtstag seines Sohnes ein, der fünf Jahre alt wird.
Ein anderer Inder betreibt einen Laden, in dem so ziemlich alles verkauft wird, was es bei uns in einem Supermarkt gibt: Lebensmittel, Reinigungsmaterial, Plastikstühle, Fahrräder und noch viel mehr, das wir alles bei der Fülle gar nicht erfassen können. Der Handel hier in der zweitgrößten Stadt Niassas ist fest in der Hand geschäfstüchtiger Inder.
Im Haus erwarten uns die Postulantinnen mit Ir. Conceição und Matias, dem jungen Mann, der für die Hausmeisterarbeiten zuständig ist. Wie viele unserer Mitarbeiter identifiziert er sich voll mit den Schwestern und fragt Ir. Conceição: „Wie hieß noch mal unsere Generaloberin?“
Beim Mittagessen geht es lustig zu. Die jungen Frauen zwischen 17 und 25 Jahren sind voller Leben und gehen ungezwungenen miteinander um, die Formadora macht mit, lenkt behutsam und aufmerksam.
Am Nachmittag arbeiten wir mit der Gruppe zum Thema Gemeinschaft. Wie in den Gruppen in Metarica kommen auch hier die vier Affen zum Einsatz, die Augen, Ohren und Mund verschließen und die Hände in den Schoß legen. Und natürlich ist es hier wieder völlig anders als in den anderen Gruppen. Ohne dass wir es merken, vergehen zwei Stunden wie im Flug.
Anschließend haben wir noch zwei Einzelgespräche. Danach sind wir aber sehr froh dass nicht noch ein Programmpunkt folgt, denn die Hitze hier ist doch sehr anstrengend, und wir sind rechtschaffen müde. Schlafen können wir aber noch nicht, denn wir wollen es ausnützen, dass wir hier noch Internetzugang haben und das Zirkular zum Placidafest verschicken.
23:45 Uhr irgendwo in der Nähe werden lauthals religiöse Lieder gesungen. Ich habe zunächst unsere Postulantinnen in Verdacht, aber dürfen die noch so spät draußen sein? Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Außerdem ist immer wieder ein „Halleluja“ dabei, und heute beim Abendessen ist deutlich geworden, dass unsere Postulantinnen wissen, dass das in der Fastenzeit, ebenso wie die Trommeln und der Tanz, aus der Kirche verbannt ist.
Nun, morgen wird sich das Rätsel lösen.
+ Samstag, 04.03.2017
Das Rätsel hat sich gelöst: Die Sänger waren von der Assambleia de Deus, einer Freikirche, die oft vom Freitag auf den Samstag fast die ganze Nacht hindurch betet. „Besser als wenn sie irgendeinen Unsinn machen“, kommentiert Ir. Conceição trocken.
Heute frühstücken wir vor den Laudes, und erst um 07:00 Uhr. Das ist traumhaft nach den frühen Gebetszeiten in Metarica. Und der Kaffee vor dem Beten weckt die Motivation und die Lebensgeister!
Am Vormittag machen wir mit der Gruppe eine kleine Reise durch die Welt unserer Kongregation und stellen die Aufgaben vor, die wir in den verschiedenen Ländern haben. Die Mädchen kennen die Länder, in denen wir sind, aus dem Unterricht, aber es ist eine Herausforderung, sie auf dem Globus zu finden. Den Rest des Vormittags verbringen wir mit Einzelgesprächen.
Hier ist es sehr schwül, der Regen bringt nur vorübergehend Abkühlung. Zum Glück gibt es im ganzen Haus Ventilatoren. Beim Mittagessen fällt kurz der Strom aus, etwas, was wir schon gewöhnt sind und uns auch nicht mehr aufregt. Aber morgen könnte es sein, dass es gar keinen Strom gibt, weil am Sonntag oft die Wartungsarbeiten gemacht werden. Unsere Alarmglocken beginnen sofort zu läuten. Das bedeutet ja, dass wir alles, was computerund internettechnisch zu erledigen ist, heute über die Bühne bringen müssen, weil es danach völlig unsicher ist, ob wir noch Strom und Zugang zum Internet haben.
Auch der Nachmittag ist Gesprächen gewidmet. Am Abend gehen wir zur Pfarrkirche in die Messe.
+ Sonntag, 05.03.2017
Wir fahren zum Gottesdienst in die Gemeinde Santa Maria Madalena Postel. Diese Gemeinde in der Nähe des Flugplatzes am Rande der Stadt hat sich ohne das Wissen der Schwestern vor einigen Jahren Maria Magdalena als Patronin gewählt, wahrscheinlich unter dem Einfluss eines Bewohners von Metarica, der hierher nach Cuamba gezogen war.
Die Kirche ist seit Jahren im Aufbau, und die Gemeindemitglieder tragen mit ihren Möglichkeiten dazu bei. Im Altarraum sehen wir nicht nur die sauber aufgeschichteten Trommeln, sondern auch eine Schubkarre, die von den angefangenen Arbeiten zeugt. Die Leute bringen ihre Plastikstühle mit, weil es in der Gemeinde noch keine Bestuhlung gibt.
Wir erleben eine sehr würdige und gleichzeitig lebendige Feier. Eine Gruppe von sieben Personen zieht ein und nimmt hinter dem Altar Platz. Sie sind alle mit liturgischen Gewändern bekleidet und nehmen die Funktionen der Animateure, Lektoren und Kommunionelfer wahr. Daneben treten verschiedene andere auf, die begrüßen, informieren, vorbeten, kurz, Dienste ausüben, die auch gebraucht werden.
Die Feier ist komplett auf Macua, und so schrecke ich auf, als in der Predigt auf einmal ein komplett portugiesischer Satz kommt: „O centro do pensamento é o coração“ – „Das Zentrum des Denkens ist das Herz.“ Es erinnert ein bisschen an den bekannten Satz von SaintExupéry: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“ Wie er wohl darauf gekommen ist? Wie auch immer, er ist sehr engagiert und eindringlich und überzeugt uns mehr als der Priester in der Messe gestern Abend.
Die Kollekte heute ist für den Weiterbau der Kirche bestimmt. Sie wird sofort ausgezählt; das Ergebnis wird am Ende verkündet. Heute betragen die Spendeneinnahmen über 1000 Meticais, weil unsere Gabe für den Aufbau mit dabei ist. Dazu kommt noch das Geld, das hereingekommen ist durch ein Gelübde, das eine Frau gemacht hatte. Ihr Sohn hat die Studien in vier Fächern erfolgreich beendet, dafür will sie danken. Offenbar hatte sie das Gelübde gemacht, nach erfolgreichem Studium eine Summe Geld zu spenden. Dafür wird sie vom Vorsteher gesegnet und erhält den Beifall der Gemeinde. Insgesamt sind heute über 1.600,Meticais gespendet worden, das ist sehr viel für die Gemeinde.
Gegen Ende der Feier erfolgt die Vorstellung der Katechumenen, von denen über 20 anwesend sind. Mit den Paten hinter sich stellen sie sich entlang des Mittelganges auf und hören auf die Ansprache, die an sie gerichtet ist. Ir. Conceição berichtet, dass es immer viele gibt, die an Ostern getauft werden, weil eine ganze Reihe Muslime hier zum Christentum übertreten. 40 – 60 Täuflinge sind keine Seltenheit.
Die Feier dauert ziemlich genau zwei Stunden. Das ist nicht viel für hiesige Verhältnisse. Mit Trommeln und Tanz, die ja jetzt in der Fastenzeit aus der Kirche verbannt sind, kommt man normalerweise locker auf drei bis vier Stunden.
Am frühen Nachmittag kommt Ir. Fátima aus Metarica mit Ir. Ester und Ir. Luisa und einer Menge Koffern, die morgen mit auf den Weg müssen. Eigentlich wollte sie sofort zurückfahren, um nicht in die Dunkelheit zu kommen, aber es gibt ein Problem mit der Batterie, und so muss erst mal der Mechaniker kommen. Bei den Arbeiten wird außerdem noch entdeckt, dass der Keilriemen kurz vor dem Zerreißen steht, und so wird der auch noch ausgewechselt. Gut, dass der Mechaniker aufmerksam ist, sonst hätte die Reise kurz nach Cuamba schon enden können.
Eigentlich wollten wir um 16:00 Uhr eine Tanzvorführung unserer Postulantinnen sehen, aber jetzt ist alles ein bisschen durcheinander geraten. Inzwischen hat sich noch ein neues Problem, oder sagen wir, eine Herausforderung, ergeben. Sr. M. Thoma wollte etwas ausgedruckt haben, und dabei stellte sich heraus, dass der Drucker die Nachhilfe eines Technikers benötigt. Der sitzt jetzt seit einer Stunde am PC und bemüht sich um die Bewältigung der Herausforderung.
Unsere Koffer warten derweil draußen vor dem Haus aufs Verladen, denn morgen um 03:30 Uhr soll es schon losgehen. Das Verladen wird allerdings eine größere Sache. Ich muss in Windeseile noch eben alles komplett umpacken. Als ich fertig bin, müssen Ir. Ester und Ir. Luisa ihre Koffer noch mal vom Pickup herunterwuchten, um sie auf die Waage zu stellen. Dann wird wieder alles verladen, passt aber inzwischen nicht mehr, und nun ist Ir. Leila dran, noch schnell etwas umzuschichten. Aber am Ende gelingt es doch, alles unter die große Plane zu packen und damit das Gepäck zu sichern gegen Regen, Verrutschen und Diebstahl.
Gegen 18:30 Uhr kommen dann endlich unsere Postulantinnen zum Zuge. Die beiden Junioratsschwestern begleiten die Tänze mit Trommeln, die aber erst noch über dem Feuer gestimmt werden müssen. Es ist schon dunkel, und ein fernes Wetterleuchten kündet den kommenden Regen an. Aber sie schaffen es eben noch, ihr akrobatisches Tanzprogramm vor dem Regen durchzuziehen.
Und dann ist wieder Abschied angesagt: ein Abschiedslied, Abschiedsumarmungen, gute Wünsche für die Reise.
Morgen machen wir uns auf zu unserem letzten Reiseabschnitt, der aus mehreren Etappen besteht: Cuamba – Nampula, Nampula – Nametória, Nametória – Nampula. Ob wir Internet haben, wissen wir nicht, mit Stromausfall müssen wir rechnen, die Becherdusche kurz vor der Heimreise ist vorprogrammiert. Wir lassen alles auf uns zukommen.
Auch dieses Mal danken wir sehr für Ihr treues Gebet und bitten für die letzten Tage auf den unsicheren Straßen um besondere Begleitung.
+ Spenden & Helfen
Unser soziales und pastorales Engagement in Mosambik finanzieren wir ausschließlich aus Spendengeldern. Mit 80 Euro können wir zum Beispiel zwei Kindern in der Vorschule ein Jahr lang ein Mittagessen und weitere Zwischenmahlzeiten kochen. Daher sind wir für jede Spende oder Projektpatenschaft dankbar.
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Tel.: 02904-808 103, missionszentrale(at)smmp.de
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