Beim Abschied des Schwesternkonventes in Nassau geht der Blick auch in die Zukunft
„Ihr Optimismus steckt an. Das ist gut für diese Menschen in dieser Region. Und das soll auch so bleiben“, betonte der Landrat des Rhein-Lahn-Kreises, Frank Puchtler, beim Abschied des Schwesternkonventes am Sonntag in Nassau.
Ob Pater Egon Wagner in seiner Predigt, der Landrat oder der Verbandsbürgermeister der Stadt Nassau, Udo Rau: Alle waren sich darin einig, dass mit der Auflösung des Schwesternkonventes nach seiner 128-jährigen Geschichte im Lahntal eine Ära zu Ende geht. Und dennoch überwog bei der Abschiedsfeier der Dank für die geleistete Arbeit und die geschaffene Basis für eine gute Zukunft der Katholischen Kliniken Lahn mit dem Marienkrankenhaus in Nassau und der Hufeland-Klinik in Bad Ems. Daran nahmen 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Mitschwestern, Freunde, Angehörige und Nachbarn der Schwestern, sowie Vertreter der Politik, des Bistums und der Pfarrgemeinden teil.
„So voll wie heute habe ich diese Kirche noch nie gesehen“, gestand Pater Wagner von den Arnsteiner Patres zum Beginn des Festgottesdienstes in der Krankenhauskapelle. Das sei ein ausdrucksvolles Zeichen für das Ansehen der Schwestern.
Um 1800 gegründet, sei die Ordensgemeinschaft vom Heiligsten Herzen Jesu und Mariens und der ewigen Anbetung, dem die Arnsteiner Patres angehören, in derselben Zeit entstanden wie die „Armen Töchter von der Barmherzigkeit“, die heutigen Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel. „Damals gab es große soziale Not. Die Orden waren es, die Krankenhäuser und Schulen gründeten. Wie Ihre Schwestern 1901 in Bad Ems“, unterstrich Pater Wagner die Verdienste und fügte hinzu: „Erst später hat der Staat diese geschaffenen Strukturen übernommen und ausgebaut. Damit hat er die Ordensgemeinschaften dieser Aufgabe aber auch enthoben.“
Eine Ära geht zu Ende
Somit gehe nicht nur in Nassau die Ära eines Konvents zu Ende, wo die Schwestern seit dem Neubau des Marienkrankenhauses 1989 zu Hause sind, sondern ebenso eine Ära innerhalb der Kirche und der Orden. Die müssten sich immer wieder neu erfinden. Daher sei der Zeitpunkt des Abschieds am ersten Advent gut gewählt: „Denn der Anfang eines neuen Kirchenjahres seht zugleich für einen Aufbruch.“
Schwester Johanna Guthoff, Provinzoberin der Europäischen Provinz der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel und Geschäftsführerin der Katholischen Kliniken Lahn, kennt diese Umbrüche. Auch ihre Gemeinschaft wird kleiner. „Aber wir haben weiterhin Nachwuchs. Die jüngeren Schwestern haben allerdings keine pflegerischen und medizinischen Ausbildungen. Und die Zeiten, in der die Oberin festlegt, welchem Beruf welche Schwester nachzugehen hat, sind Gott sei Dank vorbei. Deshalb können wir keine Schwestern mehr nach Nassau entsenden.“
Die heutigen Aufgaben der Ordensfrauen lägen vorwiegend in der Pastoral, Seelsorge und Sozialarbeit. „Schwester Theresia Maria Kösters wird als Seelsorgerin an unseren beiden Krankenhäusern bleiben“, betonte Schwester Johanna. Ebenso bliebe sei selbst Geschäftsführerin des Klinikverbundes: „Der Konvent wird aufgelöst. Aber weiterhin sind hier Ordensschwestern präsent.“
Hinsehen, hingehen, helfen
Schwester Johanna erinnerte an den Grundsatz der Haussammlungen von Caritas und Diakonie: Hinsehen – Hingehen – Helfen. „So wollte es Maria Magdalena Postel. So will es unsere Ordensgemeinschaft heute. Und wir wollen dieses Charisma und diesen Auftrag mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an den Katholischen Kliniken Lahn weiterleben.“
Denn niemand brauche eine katholische Endoskopie oder ein christliches EKG. Diese medizinischen Leistungen erbrächten andere Krankenhäuser genauso: „Doch wollen wir den Patientinnen und Patienten zeigen, dass es auch jenseits der Medizin vieles gibt, was wichtig ist: Trost, Ermutigung, Zuwendung, Beistand, gelebte Hoffnung“, so die Provinzoberin. Der Schwesternkonvent habe das immer vorgelebt, sagte sie mit Blick auf Schwester Monika vom Kreuz Vieth, Schwester Maria Theresita Wolff, Schwester Liboria König und Schwester Maria Westermayer, die jetzt ins Bergkloster Bestwig ziehen – „und dafür danke ich Euch.“
Dafür dankten ebenso Landrat Frank Puchtler, Bürgermeister Udo Rau, Schwester Agnes Lanfermann als Ordensbeauftrage des Bistums Limburg und Jutta Treis, Vorsitzende des Pfarrgemeinderates der Großpfarrei St. Martin Bad Ems und Nassau.
Frank Puchtler stellte heraus: „Es ist ein hohes Gut, dass christliche Gemeinschaften Träger solcher Einrichtungen bleiben.“ Sie schauten auf Leid und Versäumnisse und wendeten ihren Blick nicht davon ab – „und wenn wir das bisherige Schwesternhaus so umbauen, wie geplant, erfährt es eine neue Nutzung im Sinne Ihrer Gemeinschaft.“ Damit verwies der Landrat auf das vorgesehene Hospiz, für das sich in Nassau ein Trägerverein gegründet hat. Der zieht den Standort direkt neben dem Marienkrankenhauses mit seinem geriatrischen Schwerpunkt in Betracht.
1888: Sorge um Emigranten
Udo Rau blickte auf die Zeit der Ordensgründung zurück, um die Brücke in die Gegenwart zu schlagen: „1888 hatte Papst Leo XIII. den Auswanderern aus Europa eine Enzyklika gewidmet. Darin ging er der Frage nach, wie man für die Emigranten in der Fremde seelsorgliche Strukturen schafft. Die Länder, die damals missioniert haben, verdienen heute selbst missioniert zu werden.“ Dazu könnten die weltweit tätigen Ordensgemeinschaften viel beitragen.
Den wegziehenden Schwestern dankte er nicht nur als Bürgermeister der Stadt Nassau, sondern auch als Nachbar: „Sie haben unsere Region mit warmer Seelsorge geprägt und Grundsteine gelegt, an denen wir heute noch partizipieren.“
Schwester Agnes Lanfermann überbrachte die Grüße des neuen Limburger Bischofs Georg Bätzing und sagte: „Kirche kann nur leben, wenn es Menschen gibt, die das leben, was Kirche verkündet.“ Das habe der Konvent in Nassau immer getan. Jutta Treis betätigte das aus Sicht der Pfarrgemeinden: „Sie hatten immer ein offenes Ohr und offene Worte für uns.“
Auch die Ärzteschaft aus Bad Ems und Nassau sprach ihren Dank aus. Stellvertretend für dieses Kollegium sagte Dr. Hildegard Simons: „Sie haben Sterbende und Angehörige begleitet und uns das Gefühl gegeben, dass wir als Ärzte nie allein sind. Wir werden für Sie beten und hoffen, Sie tun dies auch für uns.“ Dem schloss sich Ulrich Böttinger als Sprecher der Mitarbeitervertretung am Marienkrankenhaus an. Er weiß genau: „Sie werden uns fehlen.“
„In Bestwig werden wir erwartet“
Schließlich überreichte die Betriebsleitung der beiden Krankenhäuser mit Dr. Kaus Kienast, Stephan Stork, Thomas Korn und Hans-Jürgen Herbener den vier nach Bestwig ziehenden Schwestern ein Dankeschön aller Mitarbeiter: fast 600 Euro für einen gemeinsamen Urlaub auf einer Nordseeinsel. „Und da kommen in den nächsten Tagen sicher noch ein paar Beträge nach“, so Stephan Stork.
Schwester Monika vom Kreuz, Schwester Maria Theresita, Schwester Liboria und Schwester Maria zeigten sich angesichts der vielen Dankesworte gerührt. Als Konventsleiterin hielt Schwester Monika, die jetzt 80 Jahre alt wurde, allerdings ganz pragmatisch fest: „Wir gehen nicht leichten Herzens. Aber wir wissen: In Bestwig werden wir erwartet. Dort werden wir versorgt. Und wir brauchen nicht mehr zu arbeiten.“ Auch würden sie dort Neues kennenlernen. Denn nach Kräften dürfen die Schwestern im Bergkloster noch kleinere Aufgaben übernehmen.
Ähnlich hatte es Pater Egon Wagner am Ende seiner Predigt formuliert: „Blicken Sie dankbar auf das zurück, was Sie hier geschaffen haben. Sie dürfen mit Hoffnung gehen. Hier haben Sie Ihre Aufgabe erfüllt.“