Westerholter Krankenhaus stärkt pflegenden Angehörigen den Rücken
Jetzt haben es die Verantwortlichen im Gertrudis-Hospital schwarz auf weiß: Das Krankenhaus hat im Projekt „Familiale Pflege“ die Spitzenposition inne. Denn keine andere der bundesweit 360 teilnehmenden Kliniken erreichte im Jahr 2014 mit ihren kostenlosen Angeboten mehr pflegende Angehörige als das Westerholter Krankenhaus. Das ergab eine Auswertung der Universität Bielefeld, die das Projekt gemeinsam mit der AOK vor zehn Jahren ins Leben rief und seit dieser Zeit wissenschaftlich begleitet. Insgesamt hat das Gertrudis-Hospital im vergangenen Jahr 718 Angehörige mit Pflegetrainings direkt am Krankenbett, in Pflegekursen, bei Hausbesuchen und in Gesprächskreisen durch Anleitung, Information und Beratung fit für die Pflege ihrer Familienmitglieder gemacht.
Sina Börsch ist eine von insgesamt 15 Pflegetrainerinnen und -trainern im Gertrudis-Hospital. Ihre Aufgabe ist es, Familien auf die Pflege ihrer Angehörigen frühzeitig vorzubereiten. Deshalb berät und schult sie die Familien bereits dann, wenn die Angehörigen noch im Krankenhaus liegen. „Die Familien üben direkt am Krankenbett und unter unserer Anleitung, wie man zum Beispiel möglichst rückenschonend umlagert und mobilisiert oder was bei Inkontinenz zu tun ist“, erläutert die Krankenschwester. Aus eigener Erfahrung weiß sie, dass die Pflege zu Hause umso besser gelingt, je früher die Angehörigen wissen, wie man richtig pflegt. „Das gibt ihnen die nötige Sicherheit. Dadurch verlieren viele auch ihre Scheu oder die Angst, etwas falsch zu machen“, sagt Sina Börsch.
Weil die Erfahrung lehrt, dass die meisten Fragen und Probleme jedoch erst nach der Entlassung der Patienten aus dem Krankenhaus auftreten, begleitet Sina Börsch die Familien anschließend bis zu sechs Wochen im häuslichen Umfeld. Bei diesen Besuchen ist viel Zeit, um in aller Ruhe noch einmal Pflegedetails zu besprechen oder die Versorgung mit Hilfsmitteln an die Gegebenheiten zu Hause anzupassen. Ist vielleicht noch ein Badewannenlifter oder eine Gleitmatte für das Bett sinnvoll? Und wie funktionierten noch einmal die Hilfsmittel, etwa die Aufricht- und Hebehilfe? Alle diese Fragen werden direkt vor Ort geklärt.
Von dem Projekt Familiale Pflege profitieren Kranke wie Pflegende gleichermaßen: Die Angehörigen werden für die häusliche Pflege qualifiziert und umfassend beraten. Dadurch können viele Pflegebedürftige in ihrem vertrauten häuslichen Umfeld bleiben. Nicht zuletzt fühlen sich auch die Pflegetrainerinnen und -trainer bereichert. Sina Börsch bringt es auf den Punkt: „Ich habe großen Respekt vor der Leistung der pflegenden Angehörigen. Deshalb bin ich sehr glücklich, dass ich ihnen zur Seite stehen und durch meine Arbeit den Rücken stärken kann. Letztlich führt mir dieses Projekt immer wieder vor Augen, warum ich den Beruf der Krankenschwester gewählt habe: nämlich Menschen zu helfen.“
Das Projekt Familiale Pflege
Vor zehn Jahren wurde das Projekt „Familiale Pflege“ von der Universität Bielefeld und der AOK ins Leben gerufen. Ziel ist es, Patienten den Übergang vom Krankenhaus in die eigenen vier Wände durch die systematische Unterstützung der Familien zu erleichtern. Denn viele, vor allem ältere Menschen, sind nach der Entlassung aus dem Krankenhaus auf weitere Pflege und Versorgung im häuslichen Umfeld angewiesen – eine große Herausforderung für die Angehörigen, die den größten Teil der Pflegeleistung übernehmen, jedoch häufig auf die neue Situation nicht vorbereitet sind. Das Modellprojekt sieht vor, den pflegenden Angehörigen durch Informationen, Beratung und Pflegetipps die nötige Sicherheit zu geben, um diese große Aufgabe zu meistern. Alle Angebote sind kostenfrei und können von allen gesetzlich Versicherten in Anspruch genommen werden.
Das Projekt Familiale Pflege besteht im Gertrudis-Hospital aus vier Modulen:
- Pflegetraining: Direkt am Krankenbett werden Angehörige mit Pflegetechniken vertraut gemacht.
- Pflegekurse: Hier lernen Angehörige pflegerische Handgriffe und den Umgang mit Hilfsmitteln kennen. Flankierend dazu gibt es Informationen über die Leistungen der Pflegeversicherung und eine intensive Beratung, wie Angehörige die Versorgung der Kranken auf Dauer zu Hause sicherstellen können.
- Schulung zum Umgang mit demenzkranken Angehörigen: Immer mehr Menschen, die zu Hause gepflegt werden, leiden an einer dementiellen Erkrankung. Die Schulung macht erfahrbar, wie der demenzkranke Mensch seine Welt wahrnimmt, und gibt Tipps zum Umgang mit dementiell Erkrankten.
- Pflege- und Demenzcafé: Hier treffen sich einmal monatlich Angehörige zum Erfahrungsaustausch.
Info: www.kkrn.de – Ansprechpartnerin: Regina Kaiser, E-Mail: r.kaiser(at)kkrn.de – Tel. 0209-6191-0
Katholisches Klinikum Ruhrgebiet Nord
Der Klinikverbund Katholisches Klinikum Ruhrgebiet Nord (KKRN) ist ein im Januar 2009 gegründeter Zusammenschluss des Gertrudis-Hospitals in Herten-Westerholt, des St. Sixtus-Hospitals in Haltern am See, des Marien-Hospitals in Marl und des St. Elisabeth-Krankenhauses in Dorsten.
Die Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel sind Mitgesellschafter dieses Verbundes. Zum Anspruch der vier katholischen Häuser gehört, die Patienten nicht nur medizinisch kompetent zu behandeln, sondern auch seelisch zu betreuen. Dies sagt der Leitspruch „Medizin mit Menschlichkeit“ aus.