Leitungskräfte aus der Seniorenhilfe beschäftigen sich mit Führungskultur
„So, da bin ich ja mal gespannt, was jetzt passiert“, sagt der Künstler Klaus Becker, während die leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Seniorenhilfe aus Wachsplatten Figuren für ein Floß formen. Denn zum Schluss soll eine Skulptur daraus werden, die die individuellen Stärken der Führungskräfte und zugleich den Zusammenhalt aller Einrichtungen deutlich macht.
Zwei Tage lang setzen sich die 30 Angehörigen der verschiedenen Heim- und Betriebsleitungen im Heiligenstädter Marcel Callo-Haus mit ihrer Rolle als Führungskraft auseinander. „Dass es Bedarf gibt, dieses Rollenverständnis zu klären und das Profil zu schärfen, hat das Programm Rückenwind aufgezeigt“, erinnert Andrea Starkgraff an den zurückliegenden Prozess der Jahre 2011 bis 2013. Jetzt wolle man dieses Thema in den Fokus nehmen. „Ein wichtiger Bereich, um bewährte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu binden und neue zu gewinnen“, erklärt die Geschäftsführerin der Seniorenhilfe SMMP in der Einstiegsrunde.
Denn eines sei klar: Die Herausforderungen werden in nächster Zeit nicht geringer werden: Die Investitionskostenzuschüsse für stationäre Einrichtungen werden in Zukunft anders berechnet und fallen dadurch meistens geringer aus, sagt Andrea Starkgraff. Ein weiterer seien die zu erwartenden Veränderungen in der Tarif-Struktur der Allgemeinen Vergütungsrichtlinien der Caritas: „Die bedeutet, dass wir an jedem Standort fünfstellige Mehraufwändungen haben.“
Über das kreative Tun Rollenbilder reflektieren
Die Führungskräfte der Seniorenhilfe wollen sich vor diesem Hintergrund kreativ mit ihrer Verantwortung auseinandersetzen. Deshalb hat die Unternehmens- und Managementberaterin Ulrike Ambrosy, die schon mehrere Tagungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Seniorenhilfe SMMP moderierte, den Bildhauer Klaus Becker mitgebracht. „Wir wollen mal sehen, wie wir über das praktische Tun unsere Rollenbilder reflektieren“, erklärt die Beraterin, die in den 90er Jahren schon als Dozentin am Fachseminar für Altenpflege in Geseke gearbeitet hatte.
Zuerst dürfen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Ton einen Würfel formen, um sich mit dem Modellieren vertraut zu machen. In einem zweiten Schritt wählen sie ein freies Thema. „Das ist schon etwas ganz anders. Da man erst mal ins Grübeln kommt, was man überhaupt macht“, stellt Birgit Funke vom Ambulanten Dienst Haus Maria in Geseke fest. Aber Abgucken war erlaubt. Und so holen sich alle wie im wirklichen Leben Inspirationen bei den Kolleginnen und Kollegen.
Dann geht es endlich an die gemeinsame Skulptur. Der Leiter der Bildungsakademie für Therapieberufe, Andreas Pfläging, übernimmt die Moderation der Themenfindung. Im Brainstorming werden Ideen gesammelt: vom Schiff bis zum Osterstrauß. Gelegentlich muss Klaus Becker darauf hinweisen, was technisch möglich ist. Und als über die Idee eines Menschenkreises schon mehrheitlich abgestimmt ist, stellt die Pflegedienstleiterin des Hauses St. Josef in Heiden, Irmhild Scheffner, die Frage: „Haben wir schon darüber nachgedacht, welchen Sinn das Ganze haben soll?“ Und die Diskussion geht noch einmal los.
Gemeinsame Stärke zeigen
Aber alle sind sich schnell einig: Die Skulptur soll die individuellen Stärken, Vorlieben und Eigenarten der Führungskräfte zeigen und doch auch die gemeinsame Stärke demonstrieren. Intuitiv war die Runde mit dem Menschenkreis also schon ziemlich nah an dieser Aussage dran. Jetzt aber ist sie klar formuliert.
Und so sitzen sie schließlich an zwei Tischreihen im Werkraum des Marcel Callo-Hauses und schauen sich beim gemeinsamen Arbeiten über die Schulter.
Winfried Weeke von den Martinus Ambulanten Diensten in Herten-Westerholt modelliert einen Angler: „Beim Angeln kann man Kraft schöpfen.“ Pflegedienstleiter Fritz Wolk vom Seniorenzentrum Am Eichendorffpark in Stromberg gestaltet einen Baum: „Bäume finde ich interessant: Sie stehen für Standhaftigkeit und können sich doch verändern.“
Die Leiterin des Reginenhauses, Doreen Werner, hat sich für drei zusammenstehende Figuren entschieden: „Das ist unser Leitungsteam, das in Rhynern ja eine besondere Struktur hat.“ Und Ursula Buschmann, kaufmännische Leiterin der Seniorenhilfe SMMP aus der Zentralverwaltung in Herten-Westerholt formt eine Schatztruhe – was sonst?
Eindrücke verschriftlicht
Zwischendurch verschriftlichen die Einrichtungs- und Pflegedienstleitungen auf Bitte von Ulrike Ambrosy ihre Eindrücke und Gedanken. Annelore Rebentisch aus dem Haus Maria Regina in Diestedde notiert zum Beispiel: „Ich sehe das Ziel noch nicht. Jeder bastelt hier für sich.“
Genau diese Frage stellt sich auch der Bildhauer Klaus Becker. Dann aber ergreift Andreas Wedeking das Wort. Der Leiter des Seniorenzentrums Am Eichendorffpark und des Hauses St. Josef in Wadersloh steht auf und bittet um Gehör: „Lasst uns doch jetzt mal alles zusammentragen und gucken, wie das zusammenpasst.“
Nacheinander stellen seine Kolleginnen und Kollegen ihre Figuren in die Mitte auf eine Folie. Fast, als bauten sie die Weihnachtskrippe auf. Und schnell stellt sich heraus, dass der Kreis wohl doch die bessere Form ist. So fügt sich das Ensemble harmonisch zusammen.
Offene Gesprächskultur fördern
Erst bei der Nachbetrachtung am Freitag wird deutlich, warum dieses kreative Tun so wichtig war. „Wir wollen eine offene Gesprächskultur, Probleme, Risiken und Fragen ganz klar benennen“, erklärt Andrea Starkgraff. Und sie fügt hinzu: „Der Prozess des kreativen Tuns hat es uns leichter gemacht, darüber zu diskutieren.“
Diese offene Gesprächskultur soll auch erhalten bleiben, wenn es um die weiteren Themen geht, die sich aus dem Rückenwind-Prozess herauskristallisiert haben: Dazu gehören die eigene Kompetenzerweiterung, die kollegiale Beratung, der Schulungsbedarf und die Frage, wo man Synergien entwickeln und nutzen kann. Kreativität wird da noch oft gefragt sein.