Seniorenhilfe-Einrichtungen ziehen Bilanz nach drei Jahren „Rückenwind“
„Es gibt keine Heimspiele mehr“, brachte Stefan Mühlenbeck den Wettbewerbsdruck in der Seniorenhilfe am Freitag bei der zweiten Transfertagung im Rahmen des Programms „Rückenwind“ auf den Punkt. Der Kostendruck steigt, die Konkurrenz verschärft sich, immer neue Betreuungs- und Angebotsformen kommen dazu. Da reiche es nicht mehr, auf Tradition zu bauen. „Deshalb hat uns das Programm geholfen, eigene Stärken herauszuarbeiten und eine neue Botschaft zu formulieren, die in drei Worten beschreibt, was wir sind: Persönlich. Ehrlich. Gut.“
Das Programm „Rückenwind – für die Beschäftigten in der Sozialwirtschaft“
wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie den Europäischen Sozialfonds gefördert. Die Seniorenhilfe SMMP hatte sich erfolgreich um eine Teilnahme beworben. Wie die Franziska-Schervier-Altenhilfe (FSA) aus Aachen, die in dem Prozess ebenfalls von der Konkret Consult Ruhr aus Gelsenkirchen begleitet wurde und mit denen sich die SMMP-Vertreterinnen und -Vertreter zum Abschluss des dreijährigen Prozesses im Gelsenkirchener Wissenschaftspark trafen.
Während sich die FSA-Einrichtungen vor allem auf die Entdeckung und Förderung von Talenten in den eigenen Reihen konzentrierten, wollten die Einrichtungen der Seniorenhilfe SMMP ihrer Mitarbeiterschaft durch die Formulierung einer klareren Botschaft nach außen Rückenwind geben. Roland Weigel, Geschäftsführer der KCR, bescheinigte beiden Trägern, dass sie das Programm in verschiedener, aber „sehr beeindruckender Weise“ umgesetzt hätten.
600 Artikel verfasst
Zu den Ergebnissen gehört der Spruch „Persönlich. Ehrlich. Gut“ als Essenz aus den Mitarbeiterpersonalreports, die 2012 in allen Seniorenhilfe-Einrichtungen der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel produziert wurden. Über 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren an den mehr als 600 Artikeln beteiligt. Sie sollen ein realistisches Bild der Arbeit in der Seniorenhilfe vermitteln.
„Nach Erstellung dieser Reports haben wir eine Werbeagentur hinzugeholt, die daraus die wesentliche Botschaft herausfiltert“, erläuterte Stefan Mühlenbeck. „Persönlich. Ehrlich. Gut.“ sei nicht nur prägnant, sondern vor allem authentisch – „weil das in unseren Einrichtungen entstanden ist“.
Das verdeutlichte Stefan Mühlenbeck anhand einiger Beispiele aus den Personalreports: Da erzählt die Einrichtungsleiterin über ein Gespräch mit ihrem Haustechniker, der die Mehrfachfahrten an freien Wochenenden wegen verschiedener Störungen nicht vergütet bekam, wofür dann aber eine Lösung gefunden wird. „Das spricht für den ehrlichen Umgang miteinander“, so Mühlenbeck. Oder da erzählt eine Pflegerin, wie sie eine Ordensschwester um 5 Uhr morgens beim Bäcker abholen, weil die im Morgengrauen zu einem Spaziergang aufgebrochen war. Die bedankt sich schließlich für den „schönen Ausflug“. Diese Zuwendung sei sehr persönlich.
Teamarbeit ist am wichtigsten
Dass es einer Markenbotschaft bedarf, um auch die Identifikation der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihrer Einrichtung zu stärken, bewiesen die Umfragen bei beiden Trägern. Dabei sollten die Beschäftigten beantworten, was sie an ihren Arbeitsplatz bindet. Insgesamt liegt die innere Bindung sowohl bei der FSA als auch bei der Seniorenhilfe SMMP mit Werten um die 70 Prozent relativ hoch, doch gaben nur 0,7 Prozent der Befragten die Ziele der Einrichtung als Grund dafür an.
Zwar wies Jochen Schneider von KCR zurecht darauf hin, dass 38,3 Prozent der Befragten die mitarbeiterbezogenen Ergebnisse für entscheidend hielten, die ja oft im Zusammenhang mit der Strategie der Einrichtung stünden: „Deshalb sind die 0,7 Prozent allein nicht aussagekräftig.“ Wesentlich entscheidender sind für die Beschäftigten aber die Teamarbeit, die 31,8 Prozent für wichtig halten.
Eine leistungsgerechte Vergütung halten 13,9 Prozent für entscheidend. Hier gebe es natürlich wenig Spielraum, wohl aber die Möglichkeit, Belohnungsanreize zu schaffen und Ungerechtigkeiten auszugleichen, so Jochen Schneider.
Ein spannendes Arbeitsfeld
Auch Aufstiegs- und Karrieremöglichkeiten spielen im Bereich der Seniorenhilfe offenbar eine untergeordnete Rolle. Dies bejahten nur 4,1 Prozent der Befragten. „Weil sie in der Aufgabe, die sie ausfüllen, zufrieden sind“, unterstrich Roland Weigel.
Die Seniorenhilfe sei ein unwahrscheinlich spannendes Arbeitsfeld. Eine Wissensbranche mit großem Innovationspotenzial, verlässlich und krisensicher. Das hätten die Personalreports deutlich gemacht.
„Und das müssen Sie nun auch verbreiten“, appellierte Roland Weigel. Nicht im Marketingsprech mit Leistungsverzeichnissen, sondern in Alltagssprache mit persönlichen Einblicken. „Dazu gibt es viele Möglichkeiten: zum Beispiel über Social Media-Kanäle wie YouTube und Facebook.“ Die Seniorenhilfe-Einrichtungen der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel sind hier schon unterwegs.
„Und wir wollen den Spruch verinnerlichen, indem wir ihn in unserem Alltag sichtbar machen“, so Stefan Mühlenbeck. Ob auf T-Shirts, Fahnen oder 1500 Tassen, die für die Einrichtungen bereits bestellt sind. „Dadurch wollen wir auch das Selbstbewusstsein fördern. Das hilft uns mehr als Hochglanzbroschüren.“