Sr. Theresia Raabe übergibt Leitung des Bergkindergartens an Andrea Pukatzki
Nach 22 Jahren übergab Schwester Theresia Raabe am Mittwoch die Leitung des Bergkindergartnens St. Bonifatius an ihre Nachfolgerin Andrea Pukatzki. „Damit steht zum ersten Mal in der 150-jährigen Geschichte der Einrichtung keine Ordensfrau mehr an der Spitze. Umso gespannter wind wir, was Sie daraus machen“, sagte Schwester Anna Maria Hovest, Geschäftsführerin der Julie Postel GmbH, vor den 60 Gästen im Placidasaal des Bergklosters Heiligenstadt.
Der Bergkindergarten ist die älteste Einrichtung der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel in Deutschland. Sie wurde nur ein Jahr nach der ersten Ordensniederlassung in Heiligenstadt gegründet und hat das 150-jährige Bestehen erst vor zwei Wochen ausgiebig gefeiert. „Ich dachte mir, dass dies ein guter Zeitpunkt sei, die Aufgabe in jüngere Hände zu übergeben“, so Schwester Theresia Raabe, die schon seit 40 Jahren Kindergärten leitet und jetzt erst einmal richtig Urlaub machen will. Dafür wurde sie von ihren Kolleginnen und den Vertretern des Elternrates am Mittwoch gut ausgestattet.
Zwei pädagogische Ansätze
Derzeit besuchen die Einrichtung 200 Jungen und Mädchen. Damit ist sie die größte Kindertagesstätte Thüringens. Unter der Leitung von Schwester Theresia wurden die Gruppen und der Spielplatz saniert, die Kinderküche und ein Sinnesraum neu eingerichtet, 20 Krippenplätze für Kinder ab einem Jahr geschaffen und die Weiterbildungsmöglichkeiten für die eigenen Mitarbeiterinnen erweitert. „Außerdem haben sie mit den Projektgruppen und den Montessori-Gruppen gleich zwei neue pädagogische Ansätze installiert. Wir sind der einzige Kindergarten in der Umgebung, der diese Vielfalt bietet“, unterstrich Barbara Lamczyk, Sprecherin der Mitarbeiterinnenvertretung, bevor sie ihr im Namen aller Kolleginnen einen gefüllten Rucksack und ein paar Mäuse für die Reise überreichte.
Bürgermeister Thomas Spielmann und die erste Beigeordnete der Stadt, Ute Althaus, lobten die Gewissenhaftigkeit, Verlässlichkeit und Genauigkeit von Schwester Theresia: „Tugenden, die uns gerade in den Jahren nach der Wende, die viel Neues mit sich brachten, sehr geholfen haben.“ Und Elternvertreter Joachim Schulze resümierte: „Von den 150 Jahren, die diese Einrichtung schon alt ist, haben Sie eine wesentliche Epoche geprägt.“ Gemeinsam mit Angela Lehmann bedankte er sich bei der scheidenden Leiterin mit einer Digitalkamera und einem Gutschein für einen Rundflug über Heiligenstadt.
Kinder immer im Blick behalten
Schwester Anna Maria betonte, dass Schwester Theresia bei all diesen Entwicklungen und trotz der Größe der Einrichtung immer jedes einzelne Kind im Blick gehalten habe. Dafür gelte ihr Dank und Respekt. Provinzoberin Schwester Pia Elisabeth formulierte diese Stärke so: „Du hast Dich in die Sorgen und Ängste der Kinder eingefühlt, ihnen zugehört und vom Kind gar gedacht. Deshalb war es immer spannend und tiefsinnig, wenn Du von Deiner Arbeit erzählt hast.“
Diesen Wunsch gab Schwester Theresia auch ihrem Team und der neuen Leiterin Andrea Pukatzki mit auf den Weg: „Möge jedes Kind in seiner Originalität und Einzigartigkeit weiterhin seinen Platz im Bergkindergarten finden.“
Zufrieden blickte die Ordensfrau auf die 22 Jahre zurück: „Als ich hier anfing, wollte man mir ein Glöckchen umbinden, damit man immer hören möge, wo ich gerade sei. Aber an meine leisen Sohlen mussten sich meine Mitarbeiterinnen gewöhnen.“ Schwester Theresia sah immer eine wichtige Aufgabe darin, in der ganzen Einrichtung präsent und ansprechbar zu sein. Sie dankte ihrem Team für den Zusammenhalt, das Engagement, die „viele sichtbare und unsichtbare Hilfe.“
Einstieg mit freiwilligem sozialen Jahr
Davon war bereits am Vormittag viel zu spüren, als sich die einzelnen Gruppen des Kindergartens mit Liedern und Vorträgen von ihr verabschiedet haben. Und in dem Dankgottesdienst, der der Ämterübergabe vorausging und vom Mitarbeiterinnenchor feierlich gestaltet wurde. Da sorgte Andrea Pukatzki bereits als Dirigentin für Rhythmus und Harmonie.
Die neue Leiterin dankte für das ihr entgegengebrachte Vertrauen: „Wer hätte das vor 16 Jahren gedacht, als ich hier mit einem Freiwilligen Sozialen Jahr begonnen habe.“ Schwester Theresia hatte sie damals unter den sieben Bewerberinnen ausgewählt. Heute ist sie stolz drauf, dass eine Mitarbeiterin aus den eigenen Reihen ihre Nachfolge antritt.
Andrea Pukatzki wurde in Leinefelde geboren und wuchs in Bleicherode, 40 Kilometer von Heiligenstadt entfernt, auf. Ihr Abitur machte sie an einem Gymnasium mit musischem Schwerpunkt in Wernigerode in Sachsen-Anhalt.
Liebe an der Bergschule gefunden
Nach dem Freiwilligen Sozialen Jahr im Bergkindergarten stand ihr Wunsch, Erzieherin zu werden, fest. Ihre Ausbildung absolvierte sie in Warburg. Doch schon zum Anerkennungsjahr wechselte sie wieder an den Bergkindergarten. „Denn inzwischen hatte ich meinen Mann Uwe kennengelernt, der als Gymnasiallehrer an der Bergschule St. Elisabeth arbeitet“, erklärt die 34-Jährige.
Den Gästen am Mittwochabend sagte sie: „Ich bin mir des Einschnittes, dass der Bergkindergarten nun erstmals nicht von einer Ordensfrau geleitet wird, sehr bewusst. Das hatte hier Tradition. Selbst meine beiden Töchter fragten mich: Werden sie Dich da jetzt auch Schwester nennen?“ Die Heiligenstädterin versprach alles dafür zu tun, den guten Ruf und die Lebendigkeit der Einrichtung im Geiste der Ordensgründerin zu erhalten: „Es wäre doch schön, wenn Sie in 33 Jahren wieder sagen: Ach, schade, dass die jetzt in Ruhestand geht.“