Kasseler Gymnasium will Schülern mehr Zeit für Sport, Musik und Ehrenamt geben
Ab dem Schuljahr 2013/2014 bietet das Engelsburg-Gymnasium in Kassel neben dem sogenannten G8-Gymnasium auch wieder den neunjährigen Weg zum Abitur an. Damit will die Schule vor allem jenen Kindern entgegenkommen, die mehr Zeit für den Sportverein, die Musik oder auch soziales Engagement haben wollen.
Dass das Konzept ankommt, belegen die Anmeldezahlen: 210 Schüler wollen zu Beginn des nächsten Schuljahres an die Engelsburg. Nur 150 können aufgenommen werden. „Und das, obwohl wir gleichzeitig auch ein verbindliches Schulgeld einführen“, so Dieter Sommer.
Erfahrungen mit zwei Geschwindigkeiten
Das Engelsburg-Gymnasium sammelt schon seit dem Jahr 2000 Erfahrungen mit einem Gymnasium in zwei Geschwindigkeiten. „Das hatten wir schon eingeführt, lange bevor G8 politisch beschlossen war. Jetzt sind wir im Großraum Kassel wieder die ersten, die G9 anbieten“, erläutert der kaufmännische Leiter des Gymnasiums, Michael Bünger.
Das belege, wie innovativ diese Schule arbeite. Bei bildungspolitischen Themen habe die Engelsburg immer wieder die Nase vorn. Er ist überzeugt: „Dieser Zweig wird sich etablieren. Denn damit gehen wir sowohl auf die besonderen Bedürfnisse der Kindern und Jugendlichen als auch ihrer Eltern ein.“
Früher diente das Gymnasium in zwei Geschwindigkeiten an der Engelsburg vor allem der Begabtenförderung. Wer den Unterrichtsstoff beherrschte, konnte in den jeweiligen Fächern in den nächsthöheren Kurs springen. Jetzt aber ist G8 für die Gymnasien Pflicht. „Viele Eltern beklagen seitdem, dass zu wenig Zeit für Sport oder musische Bildung bleibt“, weiß Dieter Sommer. Vor allem deshalb biete die Engelsburg ab diesem Sommer wieder das Abitur in neun Jahren an.
Erwartet wird ein hohes Bildungsniveau
„Es geht also weniger darum, nicht so leistungsstarken Schülern neue Wege zu eröffnen. Das wird von der Engelsburg nicht erwartet“, stellt Sommer klar. Dafür gebe es in der Kasseler Schullandschaft Alternativen. „Unser Gymnasium liegt in einem etablierten Stadtteil. Und die Eltern, die ihre Kinder bei uns anmelden, wollten für ihre Kinder ein möglichst hohes Bildungsniveau nach christlichem Leitbild.“
Die meisten wünschen das für ihr Kind nach G9. G8 hätten die wenigsten angegeben. „Und für diejenigen, die angekreuzt haben, dass die Schule entscheiden darf, hat vermutlich im Vordergrund gestanden, dass das Kind überhaupt an die Engelsburg kommt“, meint der Schulleiter.
Starten können allerdings nur zwei Klassen nach dem als G9-Modell – und das hat einen logischen Grund. „Wenn wir nur noch G9 anbieten, hätten wir in acht Jahren gar keinen Abiturjahrgang. Und wenn wir mit weniger als drei G8-Klassen starten, bliebe für die Oberstufe zu wenig ‚Masse‘, um ein Kurssystem nach Wahlschwerpunkten gewährleisten zu können“, so Dieter Sommer. Das gehe eben nur mit 90, aber kaum mit 60 Schülern.
Dem Lehrerkollegium fällt die Umstellung leicht. „Dadurch, dass wir schon Erfahrungen mit einer Unter- und Mittelstufe in zwei Geschwindigkeiten haben, liegen Raster für die entsprechende Organisation einer Stundentafel vor. Wir wissen, was organisatorisch auf uns zukommt“, blickt der Schulleiter nach vorn. Das habe die Engelsburg den anderen Gymnasien voraus, auch wenn 2014 vermutlich weitere Schulen nachziehen werden.