16 Pflegekräfte kümmern sich im Bergkloster Bestwig um die älteren Schwestern
Konzentriert blickt Schwester Wiltrudis Sander auf den Bildschirm. Mit der Maus versucht die 85-Jährige eine Grafik zu vergrößern, um eine persönliche Grußkarte zu gestalten. Doch plötzlich ist alles verzerrt. „Das haben Sie ja selbst ausprobieren wollen“, sagt Adriane Tolle-Wesp. Und beide beginnen herzlich zu lachen.
Einmal wöchentlich sitzt die ausgebildete Erzieherin und Entspannungspädagogin mit den älteren Schwestern des Bergklosters Bestwig vor dem Computer. „Eine Arbeit, die einfach Spaß macht“, erklärt sie. Auch weil die Schwestern sich noch so gut es geht in die Gemeinschaft einbringen wollen und bis zuletzt motiviert sind, etwas für sich zu tun.
30 bis 35 ältere Ordensschwestern verbringen im Bergkloster – oft hoch betagt – ihren Lebensabend. Knapp 20 von ihnen haben eine Pflegestufe. 16 Mitarbeiterinnen übernehmen ihre Pflege, Betreuung und Begleitung: von der Essensreichung und Medikamentengabe bis zum Freizeitangebot. „Dabei arbeiten wir nach denselben Standards wie ein Seniorenheim. Und auch mit ähnlichen Kostenvorgaben“, betont Pflegedienstleiterin Ute Kostka.
Die Station ist integriert wie eine Familie
Die Arbeit innerhalb des Klosters sei dennoch etwas ganz Anderes. „Diese Station ist hier integriert wie eine Familie. Und als weltliche Schwestern im Pflegebereich gehören wir mit dazu. Das ist ein gutes Gefühl.“
Der Tagesablauf ist durch die Gebetszeiten und Gottesdieste geprägt. Wer kann, geht noch zur Laudes, zum Mittagsgebet und zur Komplet, sonntags natürlich auch in die Messe. Und Pater Aloisius aus der Benediktinerabtei Königsmünster in Meschede nimmt den Schwestern regelmäßig die Beichte ab. „Die Spiritualität spielt hier eine wichtige Rolle“, sagt Ute Kostka. Das spiegelt sich auch optisch wider. „Jogginganzüge gibt es hier nicht“, stellt die Pflegedienstleiterin fest. Sofern sie nicht bettlägerig sind, tragen alle Schwestern ihre Tracht.
Die gelernte Krankenschwester hatte sich vor fünf Jahren entschieden, mehr in Richtung der Palliativmedizin und Altenpflege zu orientieren. Da bewarb sich sie sich im Kloster. „Diese Entscheidung habe ich nicht bereut“, sagt die Meschederin.
Ähnlich geht es Adriane Tolle-Wesp, die bis vor zehn Jahren im Jugendwohnheim des Placida Viel Berufskollegs in Menden arbeitete und dann in die Seniorenhilfe wechselte: „Ich finde es wunderbar, was man hier an Wertschätzung zurückbekommt. Das kannte ich aus der Jugendarbeit in dieser Form nicht.“
Schon seit 20 Jahren werden im Bergkloster Schwestern gepflegt. Aber erst in den vergangenen Jahren erhielt dieser Wohnbereich eine neue Struktur: „Früher waren es vor allem Ordensschwestern, die diese Aufgabe übernahmen“, erklärt Ute Kostka, die für die Organisation verantwortlich ist. Heute sei der Anteil älterer Schwestern sehr viel größer, und der der jüngeren kleiner: „Der demographische Wandel zeigt sich hier besonders deutlich.“ Aus diesem Grund seien weltliche Mitarbeiterinnen eingestellt worden. Und jetzt funktioniert der Wohnbereich so wie ein Seniorenheim.
„Natürlich bieten wir auch Ausbildungsplätze an!“
„Natürlich bieten wir auch Ausbildungsplätze an“, erklärt Ute Kostka. Das wüssten allerdings die wenigsten: „Als Seniorenheim sind wir ja nach außen hin nicht sichtbar. Dabei ist die Pflegeausbildung im Kloster sicher etwas Besonderes.“
Ute Kostka schätzt die familiäre Atmosphäre und das Gottvertrauen der Schwestern. Das mache auch die Sterbebegleitung zu einem besonderen Erlebnis. „Eigentlich gibt es keine Angst vor dem Tod. Die Schwestern beten in dieser Phase füreinander und halten sogar Wache am Bett. Davon können auch wir als weltliche Mitarbeiterinnen viel lernen.“
Auch dass hier so manche Bewohnerin ihr 100. Lebensjahr erreicht, führt sie auf diesen Zusammenhalt zurück. „Jede von ihnen hat viel geleistet. Alle standen einmal im Beruf. Aber die Schwestern haben auch nie Existenzängste gehabt und wissen sich in der Gemeinschaft geborgen. Bis zuletzt. Das schützt vor Einsamkeit.“
Wie fit manche Schwestern auch im hohen Alter noch sind und wie sehr sie sich mit ihrer Gemeinschaft identifizieren, wird in der wöchentlichen Gymnastikrunde deutlich. Da wirft Adriane Tolle-Wesp den Schwestern einen großen Ball zu und bittet darum ganz schnell einen Ortsnamen zu nennen: „Mit B?“ – „Bestwig!“. „Und mit D?“ – Diestedde!“. „Jetzt aber eine große Stadt mit W“, will die Pädagogin mal von den Ordensniederlassungen ablenken. Was nicht gelingt. Gleich aus mehreren Kehlen schallt es: „Westerholt!“