Die Abteilung Naturheilmedizin an der Hufeland-Klinik richtet sich unter ihrem neuen Chefarzt Andreas Bünz neu aus.
Andreas Bünz liegt viel daran, die Abteilung Naturheilmedizin an der Hufeland-Klinik Bad Ems mehr ins öffentliche Bewusstsein zu rücken: „Die Anerkennung der alternativen Behandlungsmöglichkeiten ist mittlerweile viel größer als noch vor 30 Jahren. Zugleich steigt die Skepsis gegenüber der klassischen Medizin. Aber beides ist notwendig. Und beides gehört für uns ganz eng zusammen“, sagt der neue Chefarzt an der Hufeland-Klinik. Dann könne eine optimale Behandlung gelingen.
Im Oktober 2011 hat der 45-Jährige die neue Aufgabe an dem renommierten Krankenhaus im Lahntal übernommen. Es gehört zu nur acht Kliniken in Deutschland, die über eine Akut-Abteilung Naturheilmedizin verfügen. „Der Name sagt es eigentlich schon: Bei uns geht es nicht um Wellness, Rehabilitation oder Kur. Zu uns kommen wirklich kranke Patienten. Insbesondere Menschen mit langwierigen entzündlichen Erkrankungen und schweren Schmerzsyndromen erfahren eine dauerhafte Linderung ihrer Beschwerden. Auch solche mit bösartigen Tumoren. Die können wir allein nicht heilen. Als Ergänzung zu schulmedizinischen Behandlungen können wir die Wirksamkeit der Therapie aber verbessern und die Nebenwirkungen reduzieren. Aber auch bei nicht heilbaren Erkrankungen können wir erreichen, dass sie mit den Begleiterscheinungen ihrer Krankheit besser zurechtkommen“, so der Mediziner.
Das habe eine erhebliche Steigerung der Lebensqualität für den Einzelnen zur Folge – „und zugleich hat es einen enormen volkswirtschaftlichen Effekt. Denn Menschen, die wir mit thermischen Reizen, homöopatischen Potenzen oder Akupunktur behandeln, müssen oft nicht mehr so intensiv behandelt werden und sind vielleicht sogar wieder arbeitsfähig“, weiß der Arzt um ein wichtiges Argument im Ringen um die Anerkennung der Naturheilmedizin. Das Land Rheinland-Pfalz hat immerhin 60 Betten in seinem Krankenhausbedarfsplan dafür ausgewiesen. „Das zeigt schon, dass der politische Status heute ein anderer ist als vor 20 Jahren.“ Deshalb trägt die Fachabteilung an der Hufeland-Klinik auch endlich den Namen Naturheilmedizin – vorher hieß sie „Abteilung für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Naturheilverfahren“.
Gebracht habe der neue Status bislang allerdings nur Renommee und etwas mehr Sicherheit, räumt Andreas Bünz ein. Mehr Geld gebe es deshalb noch nicht. Auch die Einweisungen behandelnder Ärzte hielten sich weiterhin in Grenzen: „In Bremen, wo ich vorher eine Abteilung für Naturheilmedizin aufgebaut hatte, haben neun von zehn Patienten den Weg selbst zu uns gefunden. Und das teilweise noch gegen den Widerstand ihrer Ärzte“, weiß der Chefarzt.
Für ihn zeigen sich darin gegenseitige Vorbehalte und Berührungsängste zwischen der so genannten Schulmedizin und der Naturheilmedizin, die es zu überwinden gilt. „Es haben nicht nur beide Behandlungsansätze einen wichtigen Platz in der Medizin, sondern sie ergänzen sich hervorragend“. Davon ist der neue Bad Emser Chefarzt überzeugt. Andreas Bünz weiß genau, wovon er redet. Er hat eine solide internistische Ausbildung, die er selbst als sein „Fundament“ bezeichnet. Und erst über die Ausübung klassischer Behandlungsmethoden näherte er sich immer häufiger der Frage, ob man bei chronischen Krankheitsbildern nicht schon viel früher eingreifen kann. „Wenn ein Mensch chronisch krank wird, gibt es eine Fehlregulation von Reiz und Reaktion. Das führt schließlich zu Symptomen. Die konventionelle Medizin greift erst dort“, erklärt der Naturheilmediziner. „Ich fand es spannend darüber nachzudenken, wie man die Fehlregulation vorher schon positiv beeinflussen kann“, führt er aus. Etwa durch klassische Naturheilverfahren, Homöopathie, traditionelle chinesische Medizin oder Osteopathie.
Oder durch Blutregel. Warum die kleinen Sauger so oft die Beschwerden einer Arthrose im Knie vermindern helfen, kann er gar nicht einmal so genau sagen: „Wissenschaftlich ist diese Vorgehensweise umstritten. Aber sie ist ja auch nicht gefährlich. Und die Erfolge sehen wir hier.“ Vielleicht sind es die Enzyme, die die Blutegel mit ihrem Speichel absondern. Vielleicht ist es einfach das Wegsaugen des Blutes. „Immerhin schafft jedes Tierchen 20 bis 30 Milliliter. Das löst an den entsprechenden Stellen natürlich etwas aus: Die Durchblutung steigt, das Immunsystem wird aktiv, das Gewebe regeneriert sich“, erklärt Andreas Bünz.
Wer da die fehlende Wissenschaftlichkeit kritisiert, dem hält der Mediziner einen Spiegel vor: „Niemand sollte annehmen, dass der menschliche Körper wie eine Gleichung funktioniert. Selbst Physiker werden zu Philosophen, wenn sie merken, dass ihre Naturgesetze an irgendeiner Stelle nicht mehr greifen. Und so ist es auch beim menschlichen Körper: Wir wissen schon vieles, aber längst noch nicht alles.“
Dennoch ist es die fehlende Evidenz, die den Naturheilmedizinern und Homöopathen das Leben nicht einfach macht. „Die Evidenz ist der neue Gott der Medizin. Alles muss durch Studien belegt und nachweisbar sein. Die kann die Pharmaindustrie für ihre teuren Medikamente finanzieren. Wir haben es da deutlich schwerer“, bedauert Bünz. Da könne es schon einmal vorkommen, dass ein Hersteller wie der des Thymus-Extraktes zur Stärkung des Immunsystems eine Arznei vom Markt nehmen muss, weil die Europäische Union Nachweise fordert, die ein so kleines Unternehmen nicht erbringen kann. Immerhin: Unterstützt durch renommierte Institute und Kliniken wie der Ruhr-Universität Bochum oder der Charité in Berlin gelinge es immer häufiger, Studien zu betreiben. Und das, ist Bünz überzeugt, werde in den kommenden Jahren noch zunehmen.
Insofern sieht er die Naturheilmedizin auf einem guten Weg. Erst recht in der Obhut eines christlichen Trägers: „Das passt optimal zusammen. Denn wir brauchen Zeit, wenn wir mit den vorhandenen Ressourcen des Körpers arbeiten wollen. Auch weil wir ihn ganzheitlich betrachten.“ Und diese Herangehensweise entspreche einem christlichen Leitbild: „Zu sehen, was bei jemandem anders ist als bei anderen, sich um jemanden zu kümmern, was die Ordensschwestern und Seelsorgerinnen in besonderer Weise täten – diese Besonderheit nehmen unsere Patienten sofort wahr.“
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Was ist Naturheilmedizin?
Das Behandlungsspektrum der Abteilung Naturheilmedizin an der Hufeland-Klinik Bad Ems basiert auf den fünf sogenannten „Kneippschen Säulen“: Dazu gehören die Physiotherapie, die Ernährungstherapie, die manuelle Therapie, die Ordnungstherapie, die Hydrotherapie und die Phytotherapie. Dazu kommen die Homöopathie und die traditionelle chinesische Medizin. Die Osteopathie würde auch noch dazugehören, spielt an der Hufeland-Klinik aber keine so große Rolle.
Die Physiotherapie wird umgangssprachlich als Krankengymnastik bezeichnet und meint äußerliche Anwendungen, die die Bewegungs- und Funktionsfähigkeit des menschlichen Körpers wiederherstellen, verbessern oder erhalten.
Die Ernährungstherapie bezieht sich auf die Umstellung der Ernährung zur Verbesserung der Verdauung und der Nährstoffversorgung. Auch eine Fastentherapie kommt häufig zum Einsatz.
Die sogenannte Manuelle Therapie dient der Behandlung von Funktionsstörungen des Bewegungsapparates, wozu Gelenke, Muskeln und Nerven gehören.
Die Ordnungstherapie dient der Umstrukturierung des eigenen Lebens, um Krankheitsrisiken und Krankheitsbeschwerden zu mindern.
Zur Hydrotherapie gehören vor allem thermische Reize durch Wasser, also jene Behandlungsformen, die man klassischerweise als Kneipp-Anwendungen bezeichnet. Die Phytotherapie umfasst die Anwendung pflanzlicher Arzneimittel.
Die Homöopathie basiert auf dem Verdünnungs- oder Ähnlichkeitsprinzip. Dabei werden Arzneimittel entweder in Potenzen soweit verdünnt, dass sie faktisch nicht mehr nachweisbar sind oder in einer Weise gewählt, dass sie bei einem Gesunden ähnliche Wirkungen hervorrufen würden, wie bei dem Patienten die Krankheit. In diesen Fällen führt die regelmäßige Einnahme bzw. Anwendung oft zu Behandlungserfolgen.
Die therapeutischen Verfahren der chinesischen Medizin haben sich im Laufe von 2.000 Jahren herausgebildet. Dazu gehören als bekannteste Therapieform die Akupunktur, die als Qigong bezeichneten Bewegungsübungen oder die Massagetechnik Shiatsu.