Aber jetzt sind sie es: Die Zivi-Ära ist ausgelaufen – nun kommen die Bufdis.
Im Haus St. Martin in Herten-Westerholt war Fabian Rosenkranz der Letzte seiner Art. Dennoch wird es Nachfolger geben. Und auch Nachfolgerinnen. Denn seitdem es die „Zivis“ nicht mehr gibt, gibt es die „Bufdis“. Der Bundesfreiwilligendient ersetzt seit diesem Sommer den Zivildienst.
„Den Fabian hatten wir so richtig gern“, schwärmt die 88-jährige Erna Cybula – „den konnte man für alles gebrauchen.“ Zum Blumengießen, zum Medikamente holen oder für die Fahrten zum Arzt. „Den Zivis haftete immer das Image an, dass sie nicht pflegen, sondern eher für die Dinge außer der Reihe zuständig sind. Und natürlich haben sie manchmal auch mehr Zeit für ein Quätschchen. Das ist für viele unserer Bewohner sehr wichtig“, weiß Pflegedienstleiterin Gisela Gerlach-Wiegmann. Das Ende der Zivi-Ära ist daher ein Verlust. Ob die Bufdi-Ära nahtlos daran anschließen kann, bleibt abzuwarten. Entscheidend ist vor allem, dass sich genügend Freiwillige dafür melden. Und dass sich auch genügend für die oft recht anstrengenden Aufgaben in der Seniorenhilfe finden lassen.
In Westerholt ist der Übergang erst einmal gelungen: Die drei bisherigen Zivildienststellen in den drei Wohnbereichen wurden durch drei Teilnehmerinnen des neu eingeführten Bundesfreiwilligendienstes ersetzt. Dazu gehört Sandra Zessel. Die 18-Jährige erklärt: „Ich hatte zuerst in einem Krankenhaus als Praktikantin gearbeitet und gemerkt, dass mir die Arbeit mit alten Menschen am meisten Freude macht. Die geben viel mehr zurück.“ Ihre berufliche Perspektive als Pflegekraft ist sehr gut.
Mit beruflicher Motivation in den Bundesfreilligendienst
„Unsere Bufdis waren vorher schon als Jahrespraktikantinnen für uns tätig und sehen in diesem Bereich ihre Berufsperspektive“, sagt Gisela Gerlach-Wiegmann. Das Seniorenheim erhält dafür einen Bundeszuschuss, und die Freiwilligen erhalten mit 380 Euro netto mehr Geld als in ihrem Praktikum. „Davon profitieren beide Seiten“, so die Pflegedienstleiterin.
Die Zivis waren immer männlich, die neuen „Bufdis“ sind meist weiblich. Ob darunter auch welche sind, mit denen man über Fußball fachsimpeln kann? Kurt Baumgart ist skeptisch. Der Bewohner des Hauses St. Martin hat Fabian Rosenkranz auch deshalb so gemocht. Als er ihn sieht, reißt er seine Augen freudestrahlend auf. „Na so was!“ flüstert er leise. Anders kann sein kranker Kehlkopf nicht mehr. „Bist Du denn immer noch hier?“ – „Wieder“, entgegnet der 18-Jährige. „Denn ich mache hier als Honorarkraft weiter.“
Ursprünglich wollte er in einen handwerklichen Beruf. „Aber während der Zeit hier im Haus habe ich mein Leben neu überdacht“, erklärt der Westerholter. Jetzt will er in den kaufmännischen Bereich, und dafür auch sein Abitur nachholen. „Denn hier habe ich gemerkt, dass ich gut mit Menschen umgehen kann. Das gibt mir ein ganz neues Selbstvertrauen.“ Um sich neben der Schule etwas Geld dazu zu verdienen, arbeitet er weiterhin stundenweise im Haus St. Martin mit.
Zivildienstleistende erlebten oft einen Sinneswandel
„Das haben wir hier häufiger gehabt: Dass Zivildienstleistende, teilweise sogar nur mäßig motiviert, zum Schluss gar nicht mehr weg wollten“, erzählt Wohnbereichsleiterin Christiane Kasperczak. Natürlich habe es immer wieder auch solche gegeben, die man weniger gebrauchen konnte: „Aber meist war der Lerneffekt positiv. Das hat auch uns Festangestellten gut getan.“
Diesen Effekt wird es künftig seltener geben. Die Bufdis wollen ohnehin in die Pflege. „Das hat aber auch etwas Positives. So lernen wir sie gut kennen und sie uns. Und wenn Sie sich dann auf eine unserer sechs Ausbildungsplätze bewerben, wissen wir woran wir sind“, erklärt Gistela Gerlach-Wiegmann. Die Gefahr, dass die Freiwilligendienstler auf diese Weise ausgenutzt werden, sieht sie nicht. „Auch jetzt hatten die meisten unserer Auszubildenden vorher schon ein Jahrespraktikum absolviert. Gerade in der Pflege ist es wichtig, Erfahrungen zu sammeln, bevor man sich dafür entscheidet. Schließlich ist das ein sehr sensibler Bereich.“
Wen der Bundesfreiwilligendienst interessiert, kann sich gern an die Heimleitungen der sieben stationären Einrichtungen der Seniorenhilfe SMMP wenden. Die Kontaktdaten finden Sie hier.