Das Schützenfest des Seniorenheims hat schon Tradition – deshalb macht der große Festumzug dort auch Station
„Nun gib das Ding ´mal her. Ich hol‘ ihn jetzt unter“, sprach Hans Joachim Herzog zu seinen 30 Mitbewerbern beim Schützenfest des Hauses St. Josef in Heiden. Und mit dem nächsten Schuss des Pressluftgewehres hatte der 82-Jährige die letzte Scheibe des Vogelpuzzles von der Wand geholt. Seitdem dauern die Feierlichkeiten in dem Seniorenheim an. An diesem Wochenende findet der Königsball statt. Und da will der Rentner sogar sein Akkordeon zum Einsatz bringen.
Der frühere Ingenieur war vor einigen Jahren schon einmal Schützenkönig im Haus St. Josef gewesen. „Damals allerdings ohne einen einzigen Schuss“, schmunzelt er. Da hatte eine Bewohnerin den Vogel abgeschossen und Hans Joachim Herzog als König an ihrer Seite ausgewählt. „Deshalb wollte ich es jetzt auch selbst einmal schaffen.“ Und diesmal hat er „seine“ Königin an der Seite: Erna Wischnewski, mit der er seit einem Vierteljahrhundert liiert ist.
Erna Wischnewski ist stolz, noch einmal Königin zu sein
Während die 83-Jährige, an den Rollstuhl gebunden und parkinsonerkrankt, in dem Heim lebt, hält sich der Rentner noch eine kleine Wohnung, ist aber fast jeden Tag von morgens bis abends im Haus. „Ich fand es toll zu erleben, wie meine Frau bei dem Fest richtig auflebte und auch ein wenig stolz darauf war, noch einmal Königin zu sein“, erzählt Hans Joachim Herzog. 38 Jahre lang hat er bei Krupp gearbeitet, unter anderem sogar in Afrika. Und Erna Wischnewski „malochte“ 46 Jahre lang bei der Emschergenossenschaft. In ihrer letzten Lebensphase sind sie trotz der unterschiedlichen Lebenssituation ein unzertrennliches Paar.
„Für die Bewohner hier ist unser kleines Schützenfest immer ein großes Ereignis“, erklärt Heimleiterin Andrea Spielmann. Da die Teilnahme an dem offiziellen, traditionsreichen Schützenfest für viele Bewohner kaum möglich sei, habe man sich für eine eigene Form entschieden: Dabei wird mit Pfeilen aus einem Pressluftgewehr auf eine fünf Meter entfernte wand geschossen. „Gut zielen muss man da genauso“, lacht Hans Joachim Herzog.
„Doch haben wir uns damit nicht vom gesellschaftlichen Treiben losgesagt. Im Gegenteil“, sagt Andrea Spielmann. „Der große Schützenverein nimmt das als Zeichen der Verbundenheit wahr und würdigt das, indem der große Festumzug hier am Haus mit Königspaar und Musikkapellen Station macht und unseren Regenten gratuliert. Das ist die Einbindung ins Gemeindeleben, die uns ausmacht und die wir uns wünschen.“ Und das wird auch am kommenden Sonntag spürbar sein.
Hans Joachim Herzog aktiviert sein Akkordeon
Außerdem findet der Wettbewerb der Jungschützen, die am „Dullen Dienstag“ mit Schuhen auf einen Vogel werfen, normalerweise im Park des Hauses statt. „Nur diesmal nicht, da der zurzeit umgestaltet wird“, bedauert die Heimleiterin. Allerdings verspricht sie: „Dafür wird es im nächsten Jahr umso schöner.“
Jetzt fiebern die Bewohner erst einmal dem Sonntag entgegen: Wenn der Schützenumzug bei ihnen anhält. Und wenn sie – parallel zu dem großen Schüzenfest – ihren eigenen Königsball feiern. Hans Joachim Herzog verrät schon einmal, dass er dafür am Akkordeon zusammen mit dem langjährigen Hausmusiker Heinz Schmidt am Keyboard die Moonlight-Serenade einübt. „Möglichst so, wie sie Glenn Miller gespielt hat“, erinnert sich der 82-Jährige an seine Jugend. Die Bewohner dürfen sich freuen…