„Lieben wir, lieben wir ohne Grenzen… Wenn man Gott liebt, sind alle Leiden gering.“
„Gott lieben und ihn aus ganzer Kraft lieben lehren.“ Maria Magdalena Postel
Kaum ein Wort wird so viel gebraucht, aber auch missbraucht, wie das Wort Liebe. Wo es im eigentlichen Sinn verwendet wird, steht es oftmals für höchstes Glück.Wo es aber missbraucht wird, verbirgt sich dahinter vielfach großes Unglück. Liebe ist das, wonach sich alle Menschen sehnen, ob sie nun von Zuneigung,Verstehen, Harmonie gegenseitiger Annahme, Glück oder erfülltem Leben… sprechen.
Maria Magdalena fordert zu grenzenloser Liebe auf. Dahinter steht für sie die Überzeugung, dass eine eingegrenzte Liebe, eine Liebe, die Bedingungen stellt – wenn du dies oder jenes tust, dann… – keine wirkliche Liebe ist.
Aber, komme ich selbst dabei nicht zu kurz, wenn ich immer lieben soll? Diese Frage mag sich manchem aufdrängen. So einfach ist das gar nicht, seine Mitmenschen zu lieben, vor allem, wenn sie einem quer kommen.
„Lieben wir, lieben wir ohne Grenzen…“ Mit dieser Aufforderung greift Maria Magdalena Jesu Hauptgebot der Gottes- und Nächstenliebe auf, das eine gesunde Selbstliebe einschließt: Gott und den Nächsten lieben wie sich selbst. Dieser letzte Punkt „wie sich selbst“ wird oft übersehen, ist aber sehr wichtig. Nur wer sich selbst lieben kann, ist fähig auch andere zu lieben. Das hat mit Egoismus nichts zu tun.Wir kennen den Spruch: „Wer selbst nicht genießen kann, wird bald ungenießbar.“ Das hieße: Wer sich selbst nicht lieben kann, weiß auch nicht, wie er andere lieben soll.
Für Maria Magdalena bewirkt die Liebe zu Gott, dass das Leiden seine negative Macht verliert. Sie sagt: Das Leiden wird dem, der liebt, gering, weil er sich in der Liebe Gottes gehalten weiß. Der Stachel der Einsamkeit, in die das Leid den Menschen stoßen kann, ist dem Liebenden genommen. Sicher, das Leid ist auch für ihn Leid; aber er kann sich aussprechen, weiß sich verstanden und gestützt von Gott.
„Gott lieben“, ist das eine, „ihn aus ganzer Kraft lieben lehren“, das andere. Beides gehört im Leben Maria Magdalenas zusammen. Wer Gott liebt, sich von der Liebe Gottes erfüllen lässt, der möchte, dass auch andere Menschen Zugang finden zu Gott.
So verstandene Liebe zu Gott hat nichts mit Gefühlsduselei zu tun. Ein Lied unserer Tage macht das deutlich: „Liebe ist nicht nur ein Wort. Liebe, das sind Worte und Taten…“ Andere Menschen lehren, Gott zu lieben, das wäre eine solche Tat neben anderen Taten ganz praktischer Art.
Was im zwischenmenschlichen Bereich gilt, dass ein Kind zunächst geliebt wird, damit es später lieben lernt, dass gilt auch im religiösen. Wir sind immer zuerst von Gott geliebt, dann erst sind wir aufgefordert, auch selbst zu lieben: ihn und unsere Mitmenschen – wie uns selbst.Wenn wir diese Wirklichkeit umdrehen, machen wir aus dem Lieben eine Leistung. Gott erwartet nicht zuerst Liebe von uns, damit er uns dann auch lieben kann. Nein, wir sind immer zuerst die Beschenkten, dann erst sollen wir zu Schenkenden werden.
Könnte es sein, dass wir deshalb oft nicht wissen, wie wir überhaupt zur Liebe fähig sein sollen, weil wir Gott nicht glauben, dass er uns so sehr liebt und weil wir die Liebe Gottes nicht wirklich annehmen, in uns einlassen? Es lohnt sich, den Spuren der Liebe Gottes im eigenen Leben einmal nachzugehen. Das müssen nicht große Wunder sein. Gottes Nähe, Gottes Liebe kann sich sehr unauffällig bemerkbar machen, und oft erkennen wir sie erst im Rückblick.
Ein dankbarer Rückblick kann uns Mut schenken und Kraft für die Zukunft, in der wir das Wort Liebe durchbuchstabieren, ganz persönlich.
Worte für Heute, Teil 8/10
Auf der Höhe der Zeit sein, das ist heute eine wichtige Maxime. Man muss die neuesten Trends kennen, gut informiert sein in vielerlei Hinsicht, um mitreden zu können. Da ist es verständlich, wenn Worte aus vergangenen Zeiten schnell als veraltet abgetan werden.
Schaut man jedoch genauer hin, so entdeckt man die bleibende Bedeutung, ja ein Stück Weisheit in Aussagen aus früheren Zeiten. Jede Zeit prägt die Ansichten, Lebensperspektiven und Grundsätze ihrer Generation.
Aber in allem Wandel gibt es Bleibendes.
Das 200jährige Bestehen der Gemeinschaft der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel (1807 – 2007) war für Schwester Maria Andrea Stratmann Anlass, Worte und Gedanken, die uns von der hl. Maria Magdalena Postel erhalten sind, neu zu bedenken. Sie sind vielfach eine Aktualisierung biblischer Aussagen für ihre Zeit. Uns kann das ermutigen, Gottes Wort für unsere Zeit neu zu entdecken und umzusetzen. Maria Magdalenas Überlegungen können uns dabei Hilfe sein.