Das Seniorenheim St. Josef in Wadersloh bezieht innerhalb von zwei Stunden den Neubau – Spezialisierung auf demenziell Erkrankte
Wadersloh. „Sind Sie startklar, Herr Krabus? In einer halben Stunde sind wir in Ihrem neuen Zimmer“, erklärt Christian Berensmeier dem alten Herrn, der im Flur des Wohnbereiches 2 vor der Aufzugstür im Rollstuhl sitzt. Es ist viertel nach neun. Neben ihm steht ein Rollschrank mit einem Stapel Bücher, ebenfalls abfahrbereit. Der Umzug in den Neubau des Seniorenheims St. Josef in Wadersloh kann beginnen.
Harmonisch, entspannt und gut organisiert nahm der Umzug des Hauses St. Josef in Wadersloh seinen Lauf. Innerhalb von zwei Stunden hatten alle Bewohnerinnen und Bewohner ihre neuen Zimmer erreicht. Nicht nur alle hautberuflichen Kräfte, auch zahlreiche Angehörige, ehrenamtliche Helfer und Feuerwehrleute waren an der Aktion beteiligt. Schon um 12 Uhr wurde im neuen Haus Gulaschsuppe serviert. Somit hielt auch der normale Tagesablauf bald wieder Einzug. Alle Fotos: SMMP
Christian Berensmeier gehört zu den rund 80 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die an diesem Samstagmorgen hierher gekommen sind. „Für mich war das selbstverständlich. Schließlich habe ich hier in den 90er Jahren Zivildienst gemacht und manche Nachtwache geschoben“, erklärt der Erzieher. Daher ist für ihn wie für so manchen Bewohner auch ein bisschen Wehmut dabei. Und trotzdem ist er überzeugt, dass Herr Krabus von einem neuen Zimmer und seiner neuen Umgebung begeistert sein wird. Dann öffnet sich die Aufzugstür – und die beiden fahren los.
Die Planung des Neubaus hatte mehrere Jahre in Anspruch genommen. Dann haben ihn die Pfarrgemeinde St. Margareta als Bauherr und die Seniorenhilfe St. Josef gGmbH mit den Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel und der Gemeinde als Mitgesellschaftern umgesetzt. Im März 2008 war Spatenstich. Im September wurde Richtfest gefeiert. Jetzt ist der Innenausbau fertig. Es riecht nach neuem Holz und auch ein paar Bilder hängen noch nicht an der Wand. Doch stehen schon überall Blumen. Und die gemütlichen Wohnküchen und Sitzecken warten auf Leben.
„Früher waren wir das Dorf – jetzt ist das Dorf hier“
Auch Christine Verkamp und Anni Bröcher gehören zu den Seniorinnen, die an diesem Tag umziehen. Sie haben sich erst im Haus St. Josef kennengelernt, unternehmen noch viel und nehmen rege am Geschehen teil. In dem neuen Gebäude liegen ihre Zimmer nebeneinander, denn auf individuelle Wünsche gehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so weit es geht ein. „Meine Mutter hat hier früher schon Nachtwache gehalten. Deshalb ist sie gern hier eingezogen. Das ist für sie ein Stück Heimat“, erklärt die Tochter von Christine Verkamp, Hildegard Kremer. Anni Bröcher freut sich auch über andere alte und neue Bekannte. Sie meint sogar: „Früher waren wir das Dorf. Jetzt ist das Dorf hier.“
Doch sind es längst nicht nur Wadersloher, die im Haus St. Josef leben. Andreas Wedeking hat jetzt sogar eine Anfrage aus dem Ruhrgebiet vorliegen: „Die Konzeption der neuen Einrichtung überzeugt bereits.“ Erst einmal ziehen 58 Bewohnerinnen und Bewohner um. Künftig werden es bis zu 72 sein. Aufgeteilt auf sechs Wohngruppen bleiben ihre Bereiche überschaubar. Sie dürfen vor dem Mittagessen selbst helfen, Beilagen zuzubereiten und finden in dem neuen Haus ein Höchstmaß an Freiheit und Sicherheit. „Was für demenzerkrankte Menschen sehr wichtig ist. Gerade auf deren Bedürfnisse hin ist dieses Gebäude nach den neuesten Erkenntnissen konzipiert“, erläutert Einrichtungsleiter Andreas Wedeking. Und die über 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seines Hauses sind nicht nur bestens für die Betreuung solcher Menschen qualifiziert. Sie erfüllen ihren Job auch mit Leidenschaft.
Wie Wohnbereichsleiterin Luzia Möllenhoff: „Eigentlich hätte ich heute frei. Aber so einen Tag gibt es nur einmal im Leben.“ Das Haus St. Josef ist auch für sie ein Stück Heimat. Deshalb teilt sie die Helfer im Altbau mit großem Eifer für die Umzüge der einzelnen Bewohner ein.
„Hier erleben wir christliche Gemeinschaft“
Fast zwei Drittel der Bewohnerinnen und Bewohner werden auf dem Weg von ihrem alten Zimmer in den Neubau von Angehörigen begleitet. Die Feuerweher ist mit einigen Kräften angerückt, um die bettlägerigen Patienten zu befördern. Und Mitglieder des Pfarrgemeinderates und des Kirchenvorstandes helfen, Bilder aufzuhängen und Schränke zu tragen. Dazu gehört der Elektro-Installateur Martin Voß: „Ich wurde noch in dem Altbau des Seniorenheims, das bis 1982 Krankenhaus war, geboren. Insofern habe ich eine besondere Beziehung zu der Einrichtung“, erläutert das Pfarrgemeinderatsmitglied. Gerade hängt der Handwerker mit seiner Tochter Maria in dem Zimmer eines Bewohners ein Kreuz auf: „Ist das hoch genug?“, fragt er. „Geht es auch etwas weiter links?“ lautet die Gegenfrage. Etwas weiter links geht auch. Martin Voß nimmt den Hammer und macht Nägel mit Köpfen.
Als Handwerker kannte er die Tücken des alten Gebäudes. Er sagt selbst: „Der Neubau musste schon sein.“ Besonders freut ihn am Umzugstag die große Solidarität der Mitarbeiter, der Bewohner und der ehrenamtlichen Helfer: „Da erlebt man doch christliche Gemeinschaft.“
Ein Ausdruck, der Pfarrer Ralph Forthaus gefällt. Er lobt vor allem die Organisation der hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: „Das ist schon beachtlich und sicher auch ein gutes Omen für die Zukunft. Ich bin sicher, dass das Haus für alle Bewohnerinnen und Bewohner ein Gewinn ist. Aber es ist auch ein Gewinn für den gesamten Ort.“ Das spiegelt sich an diesem Tag wider: Dank der breiten Unterstützung sind schon um elf Uhr alle Bewohnerinnen und Bewohner in ihren neuen Zimmern angekommen.
„Endlich kann ich mit meinem Mann wieder nach draußen“
Margret Schomacher freut sich bereits darauf, mit ihrem Mann Konrad im Sommer endlich wieder nach draußen zu können. Der ist seit einem Schlaganfall ans Bett gebunden. Jedoch bietet der ebenerdige Innenhof die Möglichkeit, dieses Bett `raus zu rollen. „Wir hatten viele schöne Jahre im Leben. Und ich bin zuversichtlich, dass wir hier auch noch eine schöne Zeit verbringen werden.“ Ihr Mann, der alles klar versteht, lächelt sie bestätigend an.
Und Hermann Krabus findet sich in seinem neuen Zimmer ebenfalls schnell zurecht. „Das gehört jetzt mir alleine?“, fragt er beim Blick in das Bad. Im Altbau hatte er sich die Nasszelle noch mit einem zweiten Bewohner teilen müssen. Sein Begleiter Christian Berensmeier spricht dem alten Herrn Mut zu: „Das haben Sie sich auch verdient. Schließlich haben Sie das ganze Leben geschuftet. Hier darf es Ihnen jetzt gut gehen.“ Da lächelt Hermann Krabus erleichtert. Ein gutes Zeichen dafür, dass er sich hier bald schon heimisch fühlt.