Landesminister Karl-Josef Laumann besucht ambulant betreute Wohngemeinschaft in Oelde
Oelde. „Wir stehen vor der Frage: Wie kann man das System der Pflege effektiver gestalten ohne die Standards zu drücken? Dafür bieten Sie hier in Oelde einen klugen Ansatz, er die Lebensqualität soger noch steigert“, lobte Karl-Josef Laumann die ambulant betreute Seniorenwohngemeinschaft im St. Franziskus-Haus bei seinem Besuch am Freitagmorgen, 14. August. Der nordrhein-westfälische Landesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hatte eine Einladung der Hausmanagerin Annette Longinus-Nordhorn angenommen, die Einrichtung zu besuchen.
Angebot für demenziell erkrankte Menschen
Ludger Dabrock, Geschäftsführer der Einrichtungen und Dienste in Trägerschaft der Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel, erklärt die Idee des Hauses so: „Hier wollen wir vor allem demenzerkrankten Menschen, die körperlich zum Teil noch fit sind, aber nicht mehr allein leben können, auf andere Weise gerecht werden als es eine stationäre Einrichtung kann. Das gelänge zum einen, weil die Einrichtung mit 24 Bewohnerinnen und Bewohnern in zwei Wohngruppen kleiner sei als stationäre Häuser. Zum anderen aber auch, weil das Betreuungskonzept ein ganz anderes sei.
Das St. Franziskus-Haus in Oelde wurde im November 2007 eröffnet. „Die Senioren ziehen hier als Mieter ein und können pflegerische Leistungen je nach Bedarf in Anspruch nehmen. Ansonsten werden sie von uns vor allem im gemeinsamen Alltagsleben begleitet“, erläutert Annette Longinus-Nordhorn das Konzept. Dies bedeutet: Die Bewohnerinnen und Bewohner machen morgens zusammen das Frühstück, sie falten mit uns die Wäsche und schälen für das Mittagessen auch Kartoffeln. Karl-Josef Laumann lobt an dieser Philosophie, dass die Senioren auf diese Weise in das Geschehen eingebunden seien und Gemeinschaft erführen, ohne dass sie aufwändig betreut werden müssten: „In stationären Einrichtungen höre ich oft: Das Personal hat zu wenig Zeit für uns“. Dieser Eindruck festige sich aber auch dadurch, dass ein großer Teil der Angestellten – wie die Küchenkräfte – im Verborgenen arbeiten. „Es ist doch schön dabei zu sein, wie das Essen gemacht wird und es zu riechen, bevor es auf den Tisch kommt….“, sagt Karl-Josef Laumann.
Viele gemeinsame Aktivitäten
Obwohl der Altersdurchschnitt der Bewohnerinnen und Bewohner im St. Franziskus-Haus mit 86 Jahren dem einer stationären Einrichtung entspricht, gebe es hier noch viel mehr gemeinsame Aktivitäten. „Dazu gehören auch schon einmal Ausflüge, Spielenachmittage oder Geburtstagsfeiern bis in den späten Abend. „Die Frage des Ministers, wann denn allgemeine Bettruhe sei, beantwortete die Hausmanagerin mit der Feststellung: Hier gibt es kein `Muss`.“
Neben demenziell erkrankten Menschen leben in der Wohngemeinschaft auch Parkinson-Patienten und psychisch Kranke. Die meisten von ihnen sind noch mobil. Jedoch ist es auch möglich, als bettlägeriger Patient bis zum Lebensende im Haus zu verbleiben. „Bei uns versterben nicht mehr und nicht weniger Menschen als in einem stationären Heim“, betont Annette Longinus-Nordhorn. Zwar werde den Mietern garantiert, dass sie auf eigenen Wunsch auch in eine der stationären Senioreneinrichtungen der Ordensgemeinschaft in Stromberg, Wadersloh oder Diestedde umziehen könnten, erläuterte Ludger Dabrock – „Jedoch hat davon in den ersten zwei Jahren noch niemand Gebrauch gemacht.“
Einrichtung ist in dem Stadtteil integriert
Auch Oeldes Bürgermeister Helmut Predeick lobt das Konzept des Hauses. Er unterstreicht: „Wir haben es als Gemeinde von Anfang an begleitet. Und es freut uns zu sehen, wie gut diese Einrichtung und ihre Bewohner in das Umfeld dieses jungen Stadtteils integriert sind.“ Als regelmäßiger Besucher hat er bereits wahrgenommen, wie einige Senioren nach einer Phase der Vereinsamung in ihren eigenen vier Wänden im St. Franziskus-Haus wieder aufblühten. Dazu gehört Theodor Hagemann. Der frühere Inhaber eines Tapetengeschäftes sagt bei der Begegnung mit dem Minister ganz offen: „Eigentlich ging es mir noch nie so gut wie heute: Beim Aufstehen wird mir geholfen und dann sehe ich, was der Tag bringt.“ In der betreuten Wohngemeinschaft hat er sogar eine neue Liebe gefunden.
Angehörige werden eingebunden
Auch die Angehörigen werden aktiv eingebunden. „Wir laden Sie regelmäßig ein und sie helfen mit, wenn es etwas zu organisieren gibt“, erklärt die Hausmanagerin. Dabei könnten Sie nach Absprache auch bestimmte Dienste für ihre Eltern, Tanten oder Onkels übernehmen: „Etwa das Waschen ihrer Wäsche“, nennt Annette Longinus-Nordhorn ein Beispiel. Das findet der Minister ebenfalls gut: „Oft frage ich mich: Warum gibt es an vielen Orten keine Alternative zwischen Vollstationär oder ganz Zuhause. Sie bieten in Oelde eine Lösung dazwischen. Und politisches Ziel muss es sein, den Aufenthalt in einer stationären Einrichtung weiter zu verkürzen.“ Das vor allem aus finanziellen Gründen. Denn im Laufe der nächsten Jahrzehnte müssten im Verhältnis zur erwerbsfähigen Bevölkerung immer mehr alte Menschen versorgt und gepflegt werden.
Die Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel versuchen die Ideen der Wohngemeinschaft auch auf ihre stationären Einrichtungen zu übertragen: „In Wadersloh bauen wir zum Beispiel mit der Pfarrgemeinde St. Margareta ein neues Haus mit 68 Plätzen. Das wird in Zukunft ebenfalls Wohngruppen haben“, erläutert der Leiter der Zentralverwaltung Seniorenhilfe, Olav Finkermann. Die Bewohner sollen dort genauso bei der Zubereitung des Essens einbezogen werden. „Eine Hauptkomponente lassen wir liefern, und Beilagen kochen sie sich zum Teil selbst“, führt er aus. So entwickelten sich auch die stationären Einrichtungen stetig weiter.