Regierungspräsident Helmut Diegel besucht das Bergkloster und zeigt sich vom Engagement der Schwestern beeindruckt
Bestwig. Beeindruckt von der Leistung der Schwestern und ihrer Einrichtungen und Dienste zeigte sich der Regierungspräsident des Regierungsbezirks Arnsberg, Helmut Diegel, bei seinem Besuch im Bergkloster Bestwig: „Es ist erstaunlich, wie `mannhaft` sich die Ordensfrauen vor 200 Jahren durchgeschlagen haben. Dieses Beispiel zeigt, wie viel man aus der Geschichte lernen kann. Und es freut mich, dass sie bis heute in der Lage sind, die Werte ihrer Gründerin mit vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umzusetzen und zu leben.“
Der „RP“ war von dem Bestwiger Arbeitskreis „Wirtschaft und Marketing“ am Montag, 21. Mai, ins Bergkloster eingeladen worden. In dieser Gruppe tauschen Unternehmerinnen und Unternehmer aus dem Gemeindegebiet mit Bürgermeister Ralf Péus ihre Erfahrungen aus. Dabei besuchen sie wechselseitig die Betriebe. Diesmal traf sich der Kreis im Provinzialat der Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel.
Auch bei kirchlichen Trägern finanzielle Zwänge
Nach der Begrüßung des Vorsitzenden Heribert Leibold gab Provinzoberin Schwester Pia Elisabeth Hellrung anlässlich des Jubiläumsjahres einige Ausführungen zur Ordensgeschichte. Anschließend erläuterte Ludger Dabrock, Geschäftsführer der SMMP-Einrichtungen und Dienste, die heutige Struktur der Geschäftsfelder. Dabei machte er keinen Hehl daraus, dass finanzielle Zwänge auch im sozialen Bereich unpopuläre Maßnahmen erforderten: So zum Beispiel das Outsourcing des Caterings: „Aber wir wollten dieses Feld nicht Fremdfirmen überlassen, sondern Verantwortung für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wahrnehmen. Deshalb sind wir bei den neu gegründeten Service-Gesellschaften selbst Mehrheitsgesellschafter geblieben.“
RP: „Alle müssen mit anpacken“
Der Regierungspräsident lobte das Streben nach sozialer Verantwortung, das vor allem in wirtschaftlichen Großunternehmen zunehmend verloren ginge: „Ich appelliere an die Wirtschaft und gerade an Sie als Mittelstand, mit anzupacken. Und wenn die Kirche auch noch mit dabei ist, können wir gemeinsam mit dem Staat viel bewegen.“ An die 20 anwesenden Unternehmer gewandt sagte er: „Wir benötigen einen viel intensiveren Austausch zwischen Betrieben und Schulen. Deshalb setzt sich die Landesregierung auch dafür ein, dass jede Schule einen Patenbetrieb an die Hand bekommt, in dem sich Schüler umsehen und praktische Erfahrungen sammeln können.“ Bisher sei dies erst in einem Drittel aller Bildungseinrichtungen der Fall. Außerdem ermahnte er dazu, mehr Frauen auf der Führungsebene einzubinden: „Die Tatsache, dass in diesem Kreis – die Schwestern einmal ausgenommen – heute nur eine Frau sitzt, zeigt doch, welche Potenziale wir da noch abrufen können.“ 80 Prozent der Frauen seien in nur zehn der 396 anerkannten Berufe tätig. Diese Quote zeige, dass nicht nur politisch, sondern auch gesellschaftlich noch vieles aufzuholen sei – gerade auch gegenüber den Nachbarländern.
„Bildung beginnt in Deuschland zu spät“
Dies bezog Helmut Diegel ganz besonders auf den Bildungsbereich: „Die skandinavischen Länder sind uns da um vieles voraus. Das vor allem, weil dort viel früher mit dem Lernen begonnen wird.“ Zwar warnte er davor, die Kinder zu früh zu verschulen, doch sei Kleinkindern schon sehr vieles mit deutlich geringerem Aufwand – auch spielerisch – beizubringen, als wenn man es erst bei Zehn- oder Zwölfjährigen versuche. „In anderen Ländern sind Erzieherinnen und Erzieher die best-ausgebildeten Pädagogen, bei uns die am wenigsten qualifizierten. Von der Logik her müsste das umgedreht werden…“
„Senioren stellen Potenzial dar“
Und auch bei den alten Menschen seien noch viele Potenziale abrufbar. „Das ist in unserer Gesellschaft noch nicht richtig angekommen.“ Im Gegensatz zu den Gründerjahren der Bundesrepublik sei man heute mit 65 Jahren noch jung. Da gebe es genügend Menschen, die man noch einbinden könne: „Es ist ein Skandal, wenn wir die zum alten Eisen abstempeln.“ Selbst dem immer größer werdenden Anteil Über 80- und Über 90-Jähriger solle man mit Respekt begegnen. Sie müssten wieder viel stärker in das Bewusstsein der Gesellschaft rücken. „In den Seniorenheimen selbst hat dieses Umdenken längst angefangen. Auch bei den Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel.“ Die Vernetzung und Weiterentwicklung der SMMP-Einrichtungen und –Dienste in der Seniorenhilfe sei dafür ein eindrucksvoller Beleg. Die Politik sei an vielen Stellen gefragt und gefordert. Letztlich aber müsse vor allem die Gesellschaft daran mitwirken, Sozialkompetenz zu vermitteln, junge Menschen für das Leben zu rüsten und alte besser zu integrieren: „Der Wohlstand, den wir heute haben, ist kein Sockel, auf dem wir aufbauen. Er muss immer wieder neu erarbeitet werden. Das gilt es auch unseren Kindern klarzumachen, die in dieser Gesellschaft aufwachsen und viel zu schnell überzogene Erwartungen haben.“