Geseke. Die Europäische Gesellschaft für Qualität (EFQM) hat der Seniorenhilfe SMMP gGmbH das Zertifikat „Committed to excellence“ verliehen. Die Urkunde wurde jetzt in Geseke vor 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den Einrichtungen und Diensten, Ordensschwestern und weiteren Gästen feierlich überreicht.
„So gut, wie der Prozess gelaufen ist, hoffe ich doch, dass wir uns in zwei Jahren wieder hier versammeln und bis dahin die nächsthöhere Stufe der Zertifizierung erklommen wurde“, äußerte sich Christian Albrecht von der Deutschen Gesellschaft für Qualität (DGQ) optimistisch. Die DGQ ist die Partnergesellschaft der EFQM, nach deren Modell die Zertifizierung erfolgte.
Die nächst höhere Stufe wäre das Zertifikat „Recognized to excellence“. Jetzt aber sind alle froh, erst einmal das Zertifikat „Committed to Excellence“ erreicht zu haben. Wörtlich übersetzt heißt das soviel wie „Verpflichtung zur vorbildlichen Arbeit.“ Christian Albrecht erklärt: „Damit haben Sie bewiesen, dass Sie Projekte eigenständig durchführen sowie nachhaltig umsetzen können.“ Und diese Auszeichnung ist in der Seniorenhilfe längst noch nicht selbstverständlich.
„Ein System, das zu uns passt“
„Wir haben ein System gesucht, das zu uns passt und das sich mit uns entwickelt“, begründete Ludger Dabrock, Geschäftsführer der SMMP-Einrichtungen und -Dienste, die Entscheidung für das EFQM-Modell. Der zunehmende Wettbewerb in der Seniorenhilfe verlange eine zunehmende Dynamik, „aber zugleich ein viel strategischeres Denken.“ Basieren würde dieses Denken vor allem auf der 2002 neu eingeführten Geschäftsfeldstrategie. Die wiederum begründete das jetzt greifende Qualitätsmanagement. „Gutes Qualitätsmanagement kommt unseren Bewohnern zugute. Es unterstützt unsere Leitungen auf allen Ebenen. Und es entlastet uns bei der Bewältigung der alltäglichen Arbeit“, fasst Ludger Dabrock zusammen. Wichtig sei dafür aber, den Prozess ganzheitlich zu begreifen.
Das stellte auch Roland Weigel in seinen Ausführungen heraus. Der Geschäftsführer des Beratungsunternehmens „Konkret Consult Ruhr“ aus Gelsenkirchen hat den Prozess der Zertifizierung begleitet. Und er weiß: „Nach unseren Erfahrungen werden 80 Prozent der zeitlichen Ressourcen einer Einrichtung darauf verwendet, extern festgestellte Mängel zu beseitigen. Doch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehen nur die Hälfte dieser Mängel ein.“ So könne sich ein Unternehmen nicht wirkungsvoll erneuern. Vielmehr müsse die Qualität „für alle sichtbar, spürbar, erfahrbar und messbar“ sein. Dies sei Absicht des Prinzips der EFQM. Es gehe nicht nur um einzelne Schritte, sondern vielmehr um die Richtung als Ganzes. „Genauso, wie der Kunde sich nicht nur nach guter Pflege, sondern doch vor allem nach einem schönen Leben mit guter Pflege sehnt.“
„Gelebtes QM kann ganz einfach sein“
Andrea Marx, die Qualitätsbeauftragte der SMMP-Seniorenhilfe und Koordinatorin des Zertifizierungsprozesses, berichtete aus ihren Erfahrungen in der Arbeitsgruppe zu den zielgruppenorientierten Betreuungsangeboten: „Dort merkten wir schnell, dass es nicht nur um einzelne Angebote, sondern vielmehr um eine Neuausrichtung unseres gesamten Auftrages geht.“ Die Stimmung in der Gruppe habe daher sehr geschwankt: Anfänglich euphorisch, dann fast resignierend und zum Schluss wieder begeistert: „Denn als wir merkten, was sich dahinter für Möglichkeiten verbergen, hat uns das auch wieder motioviert.“
Zu der strategischen Neuausrichtung gehöre beispielsweise die Abwendung von großen Wohnbereichen hin zu kleineren Wohngruppen: „Pflege und Betreuung werden mehr und mehr eins. Das wirkt sich auch auf die Aufgaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus.“ Zudem arbeiteten die Wohnbereichsleitungen viel vernetzter zusammen. „Teilweise konnten wir schon Ergebnisse umsetzen. Und das stimmt uns optimistisch“, betont Andrea Marx: „Denn wir haben eine Geschäftsführung, die uns unterstützt; wir haben Betriebsleitungen, die ihre Einrichtungen nach vorne bringen wollen; und wir haben motivierte Mitarbeiter – was also wollen wir mehr?“ Gelebtes QM könne manchmal auch ganz einfach sein.
Agnes Junker, Pflegedienstleiterin des Hauses Maria Regina in Dienstedde, präsentierte einige Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Mitarbeiterqualifikation, Wissensvermittlung und -trasfer.“ Auch hier stehe die Frage im Vordergrund: „Wie qualifiziere ich mein Team so, dass es selbst, aber auch die Bewohnerin und der Bewohner etwas davon spürt.“ Und Olav Finkermann, Leiter der Zentralverwaltung der SMMP-Seniorenhilfe in Herten-Westerholt, erläuterte die Ziele der Arbeitsgruppe „Systematische Netzwerkarbeit“: „Die Seniorenhilfe ist einer der größten deutschen Wachstumsmärkte. Wir müssen agieren statt reagieren.“ Und das müsse koordiniert geschehen – in einem Netzwerk aus anderen Einrichtungen, politischen Gremien, Krankenhäusern, Ärzten u.s.w..
„Wir werden Früchte unserer Arbeit ernten“
Die Generaloberin der Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel, Sr. Aloisia Höing, sprach ihren Respekt davor aus, „sich einem kritischen Blick von außen unterzogen zu haben.“ Zugleich mahnte sie an, das Besondere eines christlichen Trägers im Blick zu behalten. was auch Ludger Dabrock unterstrich: „In unserem christlichen Leitbild unterschieden wir uns auch von den Mitbewerbern. Täten wir das nicht, müssten wir uns fragen, warum wir Einrichtungen in der Seniorenhilfe haben.“ Wieder ein entscheidendes Qualitätsmerkmal. Deshalb zeigte sich der Geschäftsführer mit großem Dank an die Arbeitsgruppen und Andrea Marx als verantwortlicher Koordinatorin auch zuversichtlich, dass die Mühe lohnt: „Bald werden wir die Früchte unserer Arbeit ernten.“
Hintergrund EFQM
Der Gesetzgeber schreibt den Einrichtungen der Seniorenhilfe ein fundiertes Qualitätsmanagement – kurz QM – vor. Im Rahmen dieses QM streben die meisten Träger auch eine Zertifizierung an. Die gilt als objektiver Beleg für die gute Qualität der Pflege. das Die Europäische Gesellschaft für Qualität (EFQM) gehört zu jenen Organisationen, die ein solches Zertifikat vergeben. 2005 hat die Seniorenhilfe SMMP gGmbH beschlossen, den Prozess anzugehen. Dazu mussten die Heim- und Pflegedienstleitungen gemeinsam mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in sieben Projektgruppen einen entsprechenden „Arbeitsnachweis“ erbringen.
Die Projekte setzten sich mit einer Systematisierung der Netzwerkarbeit, der Mitarbeiterqualifikation, zielgruppenorientierten Betreuungsangeboten, der Optimierung der Wäscheversorgung, einer Revision des Qualitätshandbuches, der mobilen Datenerfassung von Kunden der ambulanten Pflegedienste sowie dem Ausbau des Mobilen Menüservices auseinander. „Dies alles sind Aufgaben, die uns in unserer Struktur und inhaltlichen Arbeit weiterbringen“, erklärt Olav Finkermann, Leiter der Zentralverwaltung der SMMP-Seniorenhilfe. Geschäftsführer Ludger Dabrock fügt hinzu: „Auf diese Weise wollen wir qualitativ noch besser und zugleich effezienter arbeiten. Das hilft, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig zu entlasten.“
Das Zertifikat ist zwei Jahre lang gültig. Danach müsste es bestätigt werden – oder die Einrichtungen streben die nächsthöhere der drei möglichen Stufen an. Das wäre die Auszeichnung „Recognized to excellence“, was soviel bedeutet wie „Anerkannt für vorbildliche Arbeit“. Olav Finkermann wagt schon einmal eine Prognose: „Wo die Punktzahl jetzt schon so hoch ist, wollen wir natürlich auch die zweite Stufe erklimmen.“