Internationale Gruppe arbeitet an neuem Leitbild für die Ordensschulen
Was macht die Schulen in Trägerschaft der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel aus? Wie lässt sich das Charisma der Ordensgründerin in einem pädagogischen Konzept unterbringen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich seit dem Jahreswechsel eine international zusammengesetzte Arbeitsgruppe der Ordensgemeinschaft.
„Auch an den deutschen Schulen nehme ich die Frage an uns Schwestern, warum wir Schulen betreiben, sehr bewusst wahr“, sagt Generaloberin Schwester Maria Thoma Dikow: Die Situation sei heute eine andere als vor 200 Jahren, als staatliche Angebote längst noch nicht alle sozialen Schichten erreichten. „Wir müssen also gucken, wo die Ursprünge der Erziehungs- und Lehrtätigkeit unserer Schwestern lagen und welche Intention wir heute mit unseren Erziehungs- und Bildungseinrichtungen verfolgen – außer Wissen zu vermitteln. Diese Frage wollen wir hier beantworten.“
Schwester Theresita Maria Müller, früher Schulleiterin der katholischen berufsbildenden Bergschule St. Elisabeth in Heiligenstadt, bringt es so auf den Punkt: „Was ist typisch SMMP?“ Das gelte es zu definieren, auch im Hinblick darauf, dass in Deutschland mittlerweile fast alle Schulleitungen durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besetzt seien und kaum noch Schwestern im Schuldienst tätig sind.
Natürlich gibt es auch schon Antworten: festgehalten in Schulleitbildern, pädagogischen Konzepten oder Leitlinien und Zielen. „Die Ziele, die in den Ländern formuliert wurden, haben wir auf Gemeinsamkeiten hin überprüft und dabei herausgearbeitet, was besonders wichtig ist“, sagt Schwester Maria Thoma.
Prozess in Gang bringen
Ziel der Arbeitsgruppe sei es ebenso, einen Prozess in Gang zu bringen, der für eine engere Zusammenarbeit der weltweiten Erziehungs- und Bildungseinrichtungen sorgt. „Wir wollen ein Netzwerk schaffen“, zitiert Schwester Maria Thoma die Vorgabe des Generalkapitels vor zwei Jahren. Das Kapitel hat die neue Generalleitung mit der Installation einer Arbeitsgruppe zu diesem Thema beauftragt. Und um das erste Treffen im Bergkloster Heiligenstadt gut vorzubereiten, hatten die Schwestern in den einzelnen Ländern vorab schon Befragungen durchgeführt, das Thema mit den Leitungen der Einrichtungen bearbeitet und erste Punkte für das Leitbild vorformuliert.
Die Gruppe setzt sich aus neun Schwestern zusammen: der Generaloberin, Generalassistentin Schwester Margareta Kühn und Generalsekretärin Schwester Theresia Lehmeier sowie Schwester Auroa Tenfen und Schwester Elecir Rosa aus Brasilien, Schwester Martina Mejía und Schwester Benilda Llanos aus Bolivien, Schwester Fátima Sehnem aus Mosambik und Schwester Theresita Maria Müller aus Bestwig.
Ein wichtiger Moment
Schwester Fátima sagt: „Die Konstituierung dieser Gruppe ist ein wichtiger Moment. Hier teilen wir die Freuden und die Sorgen unserer Bildungseinrichtungen. Es ist gut, gemeinsam unterwegs zu sein, um die Werte, um die es uns geht, in den Blick zu nehmen.“ In Metarica in Mosambik, wo mittlerweile 400 Kinder das Bildungs- und Erziehungszentrum der Schwestern besuchen, gehörten die Wertschätzung des Lebens und die ökologische Verantwortung in dieser Liste ganz nach oben.
Für Schwester Aurora, die als Schulleiterin in Pomerode im Süden Brasiliens mit Kindern verschiedener Bevölkerungsschichten gearbeitet hatte und inzwischen Oberin der brasilianischen Ordensprovinz ist, steht die Frage im Mittelpunkt, „was wir für diejenigen tun können, die wir als die Bedürftigsten ansehen.“ Und Schwester Elecir ist wichtig, Erziehung ganzheitlich zu verstehen: „Im Erziehungszentrum Sagrada Familia in der brasilianischen Stadt Leme begleiten wir junge Menschen in verschiedenen Lebensphasen: Die Jüngsten sind gerade erst ein paar Monate alt. Unsere Primarschule wird aufgebaut und beginnt in diesem Frühjahr mit der zweiten Klasse. Und für die Eltern bieten wir Fort- und Weiterbildungen an.“
Schwester Martina, die im Kinderdorf Cuatro Esquinas in Cochabamba tätig ist, imponiert immer wieder der unerschütterliche Glaube der Ordensgründerin, die sich trotz vieler Widrigkeiten nie von ihrem Weg abbringen ließ: „Auch davon können wir lernen.“ Und Schwester Benilda, die im Colegio Maria Magdalena Postel in Santa Cruz arbeitet, einer Schule mit 1800 Schülerinnen und Schülern im Primar- und Sekundarbereich, nennt eine weitere besondere Herausforderung: „In beiden Schulen arbeiten wir in zwei Schichten. Wir haben reichere Eltern, die Schulgeld bezahlen und ärmere, die das nicht können.“ Folglich kämen die Kinder und Jugendlichen aus bildungsnäheren oder bildungsferneren Schichten – „und wichtig ist es, sich immer wieder auf das jeweilige Niveau einzustellen.“
„Wir können die Welt retten“
Schwester Margareta Kühn, Geschäftsführerin des Jugendsozialarbeitsprojektes Manege in Berlin-Marzahn, sagt: „Wir wollen da, wo wir können, helfen. Und da können wir auch die Welt retten: Denn jeder dieser Jugendlichen, die vor uns stehen, ist eine eigene Welt, die es wieder zu ordnen gilt.“
Die Begeisterung für den Glauben, die Wertschätzung des Lebens, ökologische Verantwortung, die Aufmerksamkeit für die Bedürftigsten, die individuelle Förderung der Leistungsschwächeren und das ganzheitliche Denken gehören zu den wichtigsten Punkten, die die Gruppe zusammengetragen und in zwölf Leitsätzen mit Erläuterungen ausformuliert hat.
Klar wurde in den vergangenen Tagen auch, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der pädagogischen Einrichtungen entsprechend weitergebildet und gefördert werden müssen. In Brasilen gibt es neben den halbjährlichen Treffen aller Schulleitungen an verschiedenen Orten bereits regelmäßige überregionale Treffen der Lehrerinnen und Lehrern bzw. pädagogischen Fachkräfte. „Dabei wollen wir uns die eigenen Einrichtungen und konkreten Herausforderungen gegenseitig vorstellen und kennenlernen“, sagt Schwester Aurora – „denn die Sorge einer Schule geht ebenso die anderen Schulen an. Größere Herausforderungen können wir nur gemeinsam meistern.“
Einrichtungen sollen Rückmeldung geben
Der Entwurf des neuen Leitbildes soll nun in den Erziehungs- und Bildungseinrichtungen der Ordensgemeinschaft diskutiert werden. In Mosambik will Schwester Maria Thoma schon im kommenden Monat bei ihrer Visitations-Reise mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Erziehungszentrums in Metarica darüber ins Gespräch kommen: „Auf die Rückmeldungen aus den anderen Ländern sind wir ebenso gespannt.“
Voraussichtlich trifft sich die Arbeitsgruppe in einem Jahr wieder, um die Anregungen und Hinweise aus Bolivien, Brasilien, Deutschland, Mosambik und Rumänien auszuwerten. Dann will sie den Entwurf für das Leitbild überarbeiten und auf die Bedürfnisse der einzelnen Länder hin konkretisieren.