Bestwig: Berufskolleg verabschiedet Fritz Henneböhl – Willi Kruse übernimmt
20 Jahre lang hat Fritz Henneböhl als Leiter des Berufskollegs Bergkloster Bestwig viel Reibung und Dynamik erzeugt – und die Schule somit von 100 auf 800 Schüler wachsen lassen. „Dynamik und Reibung wird es auch zukünftig geben. Denn es liegt in der Natur der Sache, dass sich diese Schule ständig verändern muss“, weiß sein Nachfolger Willi Kruse.
Am Mittwochnachmittag wurde der Schulleiterwechsel mit einem Gottesdienst in der Dreifaltigkeitskirche und einem anschließenden Festakt in der Aula des Berufskollegs gefeiert. Der Rück- und Ausblick stand unter der Überschrift „Lass Deinen Wünschen Flügel wachsen.“ Und schnell wurde den knapp 200 Gästen deutlich, warum ein Schulleiter wendig sein muss wie ein Vogel.
Reibung und Dynamik
Das positive Verständnis von Reibung und Dynamik mag beim scheidenden und beim neuen Schulleiter auch darin begründet sein, dass beide beruflich zuerst mit Autos zu tun hatten. Fritz Henneböhl hatte KfZ-Technik studiert und eine Diplomarbeit unter dem Titel „Aufbau und Inbetriebnahme einer Motorprüfstation zur Abgasmessung von Dieselmotoren“ geschrieben.
Willi Kruse jobbte nach seinem Lehramtsstudium zunächst in der KFZ-Werkstatt seines Onkels und führte dort statt Unterricht Ölwechsel durch. „Manchmal lohnt es sich in die Akten zu schauen, um sich einen Werdegang auf diese Weise noch einmal vor Augen zu führen“, erklärte Geschäftsführer Ludger Dabrock bei der Feier in der Aula.
Unkonventionelle Biografien
Die unkonventionellen Biografien sind symptomatisch für die Schule: „Ohne ihren Baumeister Fritz Henneböhl hätten viele Quereinsteiger hier keine Stelle gefunden“, blickt Willi Kruse zurück, der bereits seit 1994 stellvertretender Schulleiter ist.
„Und auch für die Schule selbst hatte sich mehrmals die Existenzfrage gestellt“, erinnerte Fritz Henneböhl in seinen Dankesworten an vier bewegte Jahrzehnte, bevor er jetzt in den Ruhestand geht. Zum Beispiel, als 1984 das zehnte Pflichtschuljahr eingeführt wurde, um die Jugendarbeitslosigkeit zu drücken – „was unserem Berufskolleg 40 Prozent der Schüler wegnahm.“ Aber immer wieder sei es gelungen, Lösungen zu finden.
In den 90er Jahren habe sich das Bildungsangebot dann „horizintal und vertikal“ erweitert: durch neue Bildungsgänge wie die Berufsfachschule oder die Gestaltungstechnischen Assistenten und durch neue Einstiegsmöglichkeiten wie das Berufsgrundschul- oder das Berufsorientierungsjahr. „Mein Anliegen war es immer, jedem Menschen die für ihn besten Bildungschancen zu eröffnen“, so der Pädagoge, der acht Lehramtsbefähigungen besitzt.
Schon ein Anliegen der Gründerin
Generaloberin Schwester Aloisia Höing dankte ihm für dieses Bestreben: „Ihnen lagen besonders die Jugendlichen am Herzen, die sich auf ihrem Bildungsweg schon gescheitert sahen. Sie eröffneten Ihnen neue Lebensperspektiven.“ Das sei auch ein Anliegen der Ordensgründerin gewesen: „Sie wollte junge Menschen für das Leben befähigen.“
Anfangs wurde die gleichzeitig mit dem Bergkloster eröffnete Pflegevorschule von Schwester Maria Fortunata Ruhnke geführt. „Sie waren dann der erste Nicht-Ordens-Angehörige in der Leitung“, blickte Schwester Aloisia zurück. Und das, wo doch schon seine Einstellung für Diskussionen gesorgt hatte.
Als Mann unter Frauen
Fritz Henneböhl erinnert sich noch an ein langes Gespräch mit der damaligen Hausoberin Schwester Hildelith Mühlenhoff und Schwester Maria Fortunata in der Küche des Bergklosters: „Da ging es nur um die Kernfrage: Wie fühlt sich ein hauptamtlicher, weltlicher, männlicher Lehrer in der Pflegevorschule mit nur weiblichen Schülerinnen?“
Er muss sie souverän beantwortet haben. Denn später führte er die Schule weiter. „Sie übernahmen Sie mit 100 Schülern und übergeben Sie heute mit 800“, so Ludger Dabrock. „Ihnen verdanken wir diese Entwicklung. Auch wenn uns Ihr innovatives Denken manchmal bis an unsere Grenzen gebracht hat. Letztlich aber erzeugt Reibung Energie. Wo Energie ist, entsteht Leben. Und Leben erzeugt Bewegung.“
Inspiration durchs Kollegium
Willi Kruse weiß, dass es auch künftig Diskussionen und Auseinandersetzungen über Bildungsgänge geben wird: „Wenn wir sie weiter in konstruktiver Art führen, wird die Schule davon profitieren.“ Sein Dank wie der von Fritz Henneböhl ging an das engagierte Lehrerkollegium und alle Mitarbeiter, die die Schulleitung gestützt und immer wieder inspiriert hätten: „Das tolle Miteinander in den letzten Jahren bestärkte mich in meiner Bewerbung auf diese Stelle. Die Schule ist zu meinem zweiten Zuhause geworden. Und das möchte ich mit gestalten.“
Auch wolle er eine von Fritz Henneböhl übernommene Tradition weiterführen: Dass die Tür der Schulleitung immer offen steht: „Das war Dein Markenzeichen. Ein Symbol dafür, dass der Schulleiter immer ansprechbar ist, immer ein offenes Ohr für Lehrer und Schüler hat.“
Offenes Bewerbungsverfahren
Ludger Dabrock stellte heraus, dass Willi Kruse in einem offenen Bewerbungsverfahren mit seinen Ideen von der Zukunft der Schule überzeugt habe: „Und Sie sind schon seit 1994 hier. Außerdem sind Sie Religionslehrer. Auch das spricht dafür, dass Ihnen das Leitbild des Trägers am Herzen liegt.“
Die Zukunft werde neue Herausforderungen mit sich bringen: „Schon aufgrund der demografischen Entwicklung geht das Potenzial der Schüler bis 2020 um ein Drittel zurück. Da treten wir in einen edlen Wettstreit mit anderen Schulen. Überzeugen können wir letztlich nur durch Qualität und Atmosphäre“, so der Geschäftsführer.
Ein großer Schatz
Doch liege die Stärke des Berufskollegs nicht nur in seiner Dynamik, sondern auch in der Eingebundenheit unter einem gemeinsamen Dach mit den anderen sechs Schulen der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel: „Was an der einen fehlt, ist an der anderen vielleicht längst schon entwickelt und erprobt. Das ist ein großer Schatz.“ Und der erlaube es selbst in schwierigen Zeiten, dass manchen Wünschen Flügel wachsen.