Schwester Judith Beule legt Zeitliche Profess ab – in Zukunft will sie sich Gehörlosen widmen
Einen Tag vor dem festlichen Dankgottesdienst zum 50-jährigen Bestehen des Bergklosters hat Schwester Judith Beule am Samstag in der Dreifaltigkeitskirche ihre erste Zeitliche Profess abgelegt. „Profess bedeutet öffentliche Äußerung. Wir freuen uns, dass Schwester Judith sich zu dieser Gemeinschaft bekennt und diesen Schritt mit uns geht“, so Provinzoberin Schwester Johanna Guthoff.
Die Profess beendet die Phase der Ausbildung als Ordensschwester, das sogenannte Noviziat. Dabei erneuert die Profess-Schwester ihre Ordensgelübde und bindet sich für die nächsten zwei Jahre an die Gemeinschaft. Einige Jahre später erfolgt eine zweite Zeitliche und schließlich die Ewige Profess. Als äußeres Zeichen erhielt Schwester Judith am Samstagmorgen von Generaloberin Schwester Maria Thoma Dikow das Ordenskreuz, den Ring und den schwarzen Ordensschleier.
„Eine Redewendung besagt: Der Weg ist das Ziel. Aber dieses Bild passt nicht so ganz. Auf einem Weg muss man immer ein Ziel vor Augen haben. Und auf dem Weg einer Ordensschwester kann das nur Gott sein“, erklärte Pater Guido Hügen aus der Abtei Königsmünster in seiner Predigt. Das Foto auf der Einladungskarte von Schwester Judith zu ihrer Professfeier zeige sie auf einem solchen Weg mit einer Brücke im Hintergrund. Pater Guido wünschte ihr, dass in ihrem weiteren Leben immer Brücken da sein mögen, wenn Hindernisse kommen: „Das können Menschen sein, die hinter Dir stehen und auch Gott, der Dich auf deinem Weg begleitet.“
Jetzt zum Studium nach Berlin
Solche Brücken hat Schwester Judith auch in ihrem bisherigen Leben gefunden. „Die zurückliegenden beiden Jahre seit meiner Einkleidung im Herbst 2016 stimmen mich zuversichtlich, dass der Eintritt in die Ordensgemeinschaft für mich die richtige Entscheidung war“, sagt Schwester Judith.
Schon am Montag beginnt für die 26-Jährige wieder ein neuer Lebensabschnitt: Dann wird sie nach Berlin ziehen und an der Humboldt-Universität Deaf-Studies studieren. Dieses Studium vermittelt fundierte Kompetenzen für die pädagogische, therapeutische, sprachpraktische und beratende Tätigkeit mit Hörgeschädigten. „Für Gehörlose gibt es in Deutschland noch viel Nachholbedarf. Auch innerhalb der Kirche. Vielleicht kann ich ja einen Beitrag leisten, das zu ändern“, so Schwester Judith.
Die gebürtige Meschederin wuchs in Schmallenberg schon mit ihrer Hörbehinderung auf, besuchte aber nur bis zum siebten Schuljahr eine Gehörlosenschule in Olpe. Dann ging es erst mal an der Regelschule weiter. „Meine Gebärdensprache ist daher nicht perfekt. Die will ich jetzt vertiefen und mehr zur Kultur der Gehörlosen erfahren“, sagt die ausgebildete Erzieherin. Sie weiß, dass auch ihr Gehör immer schlechter wird. Die Hörgeräte und ein kleiner Verstärker, den sie immer bei sich trägt, helfen ihr, sich mit Hörenden zu verständigen.
Ihre Ausbildung absolvierte die Schmallenbergerin am Berufskolleg Bergkloster Bestwig. Nach dem Abschluss erhielt sie eine Vollzeit-Anstellung in der Montekita neben dem Kloster und machte dort im Folgejahr noch das Montessori-Diplom. Erst dann trat sie in die Gemeinschaft ein.
Konvente kennengelernt
„Ich habe es als sehr positiv empfunden, dass die Schwestern nicht klammern. Sie wussten von meinem Interesse, dass ich eintreten will, drängten aber nicht“, sagt sie rückblickend.
Im Noviziat hat Schwester Judith verschiedene Konvente kennenlernen dürfen. Auch hat ihr die Provinzleitung erlaubt, im Frühjahr ein Praktikum in einem Gehörlosenkindergarten zu machen. „Das bestärkte mich darin, dass dieser Weg für mich der richtige ist. Die Arbeit in einer solchen Einrichtung könnte nach Abschluss des Studiums beispielsweise ein Einsatzbereich für mich sein“, erklärt Schwester Judith.
Der Bedarf an Pädagogen, die mit Gehörlosen umgehen können, sei groß. „Das ist eine der Nöte unserer Zeit. Schwester Maria Magdalena Postel hat uns aufgetragen, uns um die Nöte anderer Menschen zu kümmern. Das sehe ich als großes Geschenk. Denn ihr Auftrag lässt es zu, sich immer wieder neuen Nöten zu widmen“, so die 26-Jährige, die sich jetzt noch enger an die Ordensgemeinschaft bindet.
Während ihres Noviziats lebte sie auch drei Wochen lang in dem Schwesternkonvent in Jena mit. Dort arbeitete sie in einer Montessori-Schule: „Und die hätten mir ebenfalls eine Stelle angeboten. Aber das Studium in Berlin hat mich mehr gereizt.“
Großer Nachholbedarf
In vielen Pfarrgemeinden seien Gehörlose abgehängt und könnten nicht wirklich am Gemeindeleben teilnehmen, weiß Schwester Judith. Daher sieht sie ihre zukünftigen Aufgaben eher im kirchlichen Bereich. Als sich beim Katholikentag in Münster im Mai dieses Jahres herumsprach, dass am Stand der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel jemand Gebärdensprache kann, suchten den an drei Tagen fast 20 Gehörlose auf. „Die Gehörlosenwelt ist klein. Schnell finden die Menschen, die dazugehören, zusammen“, sagt Schwester Judith. Das habe ihr nochmals gezeigt, dass es großen Bedarf an Vermittlern zwischen Hörenden und Nicht-Hörenden gibt. „Da ist noch viel zu tun. Vielleicht kann ich dabei ja helfen“, sagt die Profess-Schwester.
Den Samstag feierte sie im Kreis ihrer Mitschwestern und mit vielen Verwandten und Bekannten. Darunter befanden sich auch Gehörlose. Sie waren dabei aber nicht abgehängt. Für die Übersetzung im Gottesdienst und beim anschließenden Empfang in Gebärdensprache hatte Schwester Judith gesorgt. Barbara Plümer, Gehörlosenseelsorgerin des evangelischen Kirchenkreises Siegen, hat diese Aufgabe gern übernommen.