Großes Treffen ehemaliger Missionare auf Zeit im Bergkloster weckte Erinnerungen und setzt neue Impulse
Über 70 von den Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel seit 1997 ausgesandten Missionarinnen und Missionaren auf Zeit und Senior-Volunteers trafen sich am Samstag im Bergkloster Bestwig. Dort informierten sie sich über den heutigen Stand der Projekte, in denen sie gearbeitet haben, tauschten sich über ihre Erfahrungen aus und knüpften neue Kontakte. Auch aktuell leisten über die Ordensgemeinschaft wieder 20 junge Erwachsene in Bolivien, Brasilien, Rumänien und Mosambik ihren Freiwilligendienst.
„Der Tag hat großen Spaß gemacht. Ich habe viele wiedergesehen, die in meinem Einsatzjahr und in der Vorbereitung kennengelernt habe“, sagt Marieke Thiele aus Meschede. Und Miriam Trewin, die ihren Freiwilligendienst 2008/2009 in Cochabamba leistete, stellt fest: „Diese Stunden haben viele Erinnerungen wachgerufen. Körperlich war ich heute zwar hier, gedanklich aber in Bolivien.“
„Bin wieder up to date“
Andreas Samberg, der vor zwölf Jahren als MaZ in Schineni in Rumänien tätig war, ist dankbar erfahren zu haben, wie sich die Arbeit in den Kinderhäusern und dem sozialen Zentrum der Schwestern dort seitdem entwickelt hat: „Ich bin jetzt wieder up to date.“ Paul Jasper, der den Tag ebenfalls genossen hat, merkt allerdings an: „Eigentlich war das noch zu wenig Zeit. Ich hätte zum Beispiel gerne noch mehr darüber erfahren, was in den Projekten des Ordens in den anderen Ländern passiert.“
Dieses Wiedersehen soll daher auf lange Sicht nicht einmalig bleiben. Das MaZ-Team wird den Tag reflektieren und überlegen, wie sich die Netzwerkarbeit voranbringen lässt. Am Samstag wurden bereits viele neue Kontakte geknüpft. Auch hat sich der neue Förderverein Brückenschlag e.V. vorgestellt, der ehemalige MaZ beteiligen und als Mitglieder gewinnen will.
„Wir haben uns im Juni gegründet. Als Verein wollen wir helfen, den Freiwilligendienst finanziell zu unterstützen. Denn nicht alle Kosten werden von dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung übernommen“, erläuterten der erste Vorsitzende Thorben Prünte und Beisitzerin Marieke Thiele. Auch wolle der Brückenschlag e.V. dazu beitragen, die Projekte, in denen die MaZ im Einsatz sind, zu unterstützen. Bei dem Treffen im Bergkloster konnte der Verein neue Mitglieder gewinnen.
Kurzweiliger Rückblick
Auf unterhaltsame Art und Weise blickten Schwester Theresia Lehmeier und Birgit Bagaric, die gemeinsam viele MaZ-Jahrgänge auf ihren Auslandseinsatz vorbereitet haben, auf die Entwicklungen der vergangenen 20 Jahre zurück.
Schwester Klara Maria Breuer, Iris Nefferdorf, die 1997 zu den ersten vier entsandten MaZ gehörte und Reinhold Dietz, der damals für die Ordensgemeinschaft im Projektmanagement tätig war, hatten vor über zwei Jahrzehnten die Initiative ergriffen, den Auslandsdienst zu ermöglichen. Förderprogramme gab es damals noch nicht, weshalb Dr. Claudia Lücking-Michel als Vorsitzende der katholischen Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe (AGEH) die Vorreiterrolle der Ordensgemeinschaften beim Missionarischen Forum am Freitagabend auch schon herausgestellt hatte.
Schwester Theresia Lehmeier stieß bald zum MaZ-Team dazu, weil sie fließend Spanisch und Portugiesisch spricht. Birgit Bagaric übernahm die pädagogische Leitung. Nadine Iffland und Regina Hundt arbeiteten ebenfalls mehrere Jahre lang mit. Und Christine Bunse übernahm die Verwaltungsaufgaben. Diese Arbeit führen inzwischen Christina Arens und Monika Bücker fort.
„Heute wird der Auslandsdienst zwar viel besser gefördert. Aber der bürokratische Aufwand für Antragstellungen oder Qualitätsnachweise ist viel höher geworden“, stellte Schwester Theresia fest.
Erstmals „Incomer“
Seit 2016 wird das MaZ-Team von der früheren Generalökonomin Schwester Maria Dolores Bilo geleitet. Und Schwester Theresita Maria Müller kümmert sich seit diesem Jahr um die Incomer. Denn erstmals haben die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel jungen Menschen aus Brasilien und Mosambik die Möglichkeit gegeben, ein Jahr in Deutschland zu verbringen. Diese vier Incomer waren am Samstag ebenfalls bei dem Treffen dabei.
„Das Incoming ist eine große Bereicherung für den Austausch unserer Kulturen. Daher wollen wir dieses Projekt fortführen. Zurzeit läuft das Auswahlverfahren für das kommende Jahr“, erläuterte Generaloberin Schwester Maria Thoma Dikow.
Nachdem die Zahl deutscher Bewerberinnen und Bewerber für den Freiwilligendienst Missionar auf Zeit bei den Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel in den vergangenen Jahren wieder deutlich zugenommen hat, sei die Zahl der Plätze jetzt auf 20 begrenzt worden. „Das ist eine sinnvolle Größe. Diese Plätze können wir garantieren und eine Gruppe in dieser Größe auch angemessen betreuen“, so Birgit Bagaric.
„Für alle ein Gewinn“
Rückblickend auf die vergangenen beiden Jahrzehnte räumte sie ein: „Natürlich sind nicht alle mit ausschließlich positiven Erfahrungen aus dem Auslandsjahr zurückgekehrt. Aber noch nie hat jemand gesagt, dass er diese Zeit missen wolle. Alle haben sie bisher für sich als Gewinn gesehen.“
„Aufs und Abs“ hat aber auch das MaZ-Team erlebt. Nicht immer sei es einfach gewesen, den jungen Erwachsenen in der Vorbereitung von der Wichtigkeit der Sprachkompetenz im Ausland zu überzeugen. „Und auch unsere Warnungen vor dem Befahren der Straße des Todes in Bolivien oder anderen Abenteuern wurden nicht von allen erhört“, wissen Schwester Theresia und Birgit Bagaric.
Etwas anderes gestanden sie den Freiwlligendienstlern allerdings zu, obwohl es Schwestern in Südamerika gegeben habe, die das verbieten wollten: sich während des Auslandsjahres zu verlieben. „Auch das kommt vor. Und natürlich bringt das Probleme mit sich. Doch sind auf diese Weise Partnerschaften und Ehen zwischen Deutschen und Südamerikanern oder unter den MaZ entstanden, die bis heute halten“, so Birgit Bagaric. Das könne ja ebenfalls ein wichtiger Beitrag zur interkulturellen Verständigung sein.
Aufteilung in Länderforen
In Länderforen hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Treffens anschließend Gelegenheit, sich über ihre Erfahrungen in Bolivien, Brasilien, Rumänien und Mosambik auszutauschen und über die weiteren Entwicklungen informieren zu lassen.
Dr. Gabriele David, die als Senior-Volunteer mehrere Monate in dem Erziehungszentrum Sagrada Familia der Schwestern in Leme/Brasilien und in der Schule in Metarica/Mosambik gearbeitet hatte, beeindruckt bis heute das Strahlen der Kinder – „obwohl die doch so viel weniger haben als wir.“ Das ist auch Robert Renner in Erinnerung, der 2012/2013 in Metarica im Einsatz war: „Die Kinder waren in der Schule immer hellwach und voller Energie. Sie freuten sich auf den Unterricht.“
Im Brasilien-Raum brachte Veronika Blunk, die 2008/2009 in der Sagrada Familia gearbeitet hatte, ihre Verwunderung darüber zum Ausdruck, wie Menschen in Brasilien Armut und Reichtum wahrnehmen: „Auch dort sagten die Erzieherinnen den Kindern beim Mittagessen: Esst den Teller auf. Denkt an die Kinder in Afrika, die nichts haben. Dabei gibt es doch schon an den Stadträndern in Leme dieselbe Armut.“
Große Gegensätze
Paulo Rodrigues, der mit Márcia Silva zurzeit ein Jahr als Missionar in Deutschland verbringt, bestätigte, dass zwischen Arm und Reich in Brasilien große Gegensätze bestehen, obwohl sie räumlich ganz eng beieinander liegen. Überrascht ist er allerdings darüber, dass es das – wenngleich nicht so extrem – sogar in Deutschland gibt: „Für Brasilianer ist Deutschland ein Traum. Aber inzwischen habe ich erfahren: Probleme im Umgang mit Migration, Armut und Ausgrenzung gibt es hier auch.“
Gemeinsam stellten sich die vier Incomer dem ganzen Forum mittags vor. Márcia Silva ist aufgefallen, dass Deutschland „sehr aufgeräumt“ ist. Aber sie vermisst die Kinder: „In Brasilien spielen und toben sie auf den Straßen. Hier aber sind die Straßen tot.“
Schwester Luisa und Schwester Ester aus Mosambik begeistern bei ihrer Arbeit im Kindergarten bzw. auf der Pflegestation der Ordensschwestern mit ihrer Musikalität. Das konnten sie am Samstag nach dem Mittagessen unter Beweis stellen. Da übten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Treffens für den abschließenden Gottesdienst Lieder und Tänze ein. Passend, dass diese Einheit mit Carlos Garcia ein gebürtiger Brasilianer anleitete. „Das hat richtig viel Spaß gemacht“, sagt Teresa Rammert, ehemalige Missionarin auf Zeit in Rumänien.
Musikalischer Gottesdienst
Der Gottesdienst fand zusammen mit den Schwestern und Gästen aus dem Bergkloster in der Dreifaltigkeitskirche statt. Auch die vier Zelebranten hatten alle einen intensiven Bezug zu dem Thema: Der Steyler Missionar Pater Michael Heinz, heute Geschäftsführer beim Hilfswerk Adveniat, lebte bis 2016 zwei Jahrzehnte in Bolivien und hatte die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel dort kennengelernt. Pfarrer Bernd Kucklick ist seit 2003 Rektor im Bergkloster Heiligenstadt und leitet dort Jahr für Jahr die Aussendungsfeier. Die Priester Andreas Braun und Christof Graf waren von ihm für ein Auslandsjahr entsandt worden.
Bezugnehmend auf das Gleichnis vom Sämann aus dem Markus-Evangelium sagte Pater Michael Heinz in der Predigt: „Vielleicht ist von dem, was Sie vor zwei, vor fünf oder vor zehn Jahren gesät haben, heute noch dabei zu wachsen. Auch wenn Sie es vielleicht gar nicht mitbekommen. Weil es erst langsam, oder in anderer Weise weiterwächst.“
Am Samstag hatten die ehemaligen Freiwilligen-Dienstler darüber sicher nicht alles, aber doch vieles erfahren. Wie Hans-Georg Kleppe, der mit seiner Frau Anna als Senior-Volunteer in dem Kinderdorf Cuatro Esquinas in Cochabamba eine Obstbaum-Plantage angepflanzt hatte. „Hat sich darum nach uns noch jemand gekümmert? In diesem Teil Boliviens regnet es ja nicht allzu viel.“
Hanna Höing und Leonie Meidrich, die dort von 2015 bis 2016 als Missionarinnen auf Zeit tätig waren, konnten ihm die Sorge nehmen: „Doch, die gibt es noch. Und die Bäume tragen inzwischen Früchte. Wir haben dort schon geerntet.“
Zum Bericht über das Missionarische Forum am Freitagabend geht es hier.
Hier eine Galerie mit Weiteren Eindrücke der beiden Tage: