Wie viele Male habe ich im Bergkloster den Gottesdienst schon mitgefeiert und doch ist mir dieser Moment vorher noch nie so aufgefallen wie heute während der Abendmesse. Vielleicht, weil sonst die Stille ein ganz klein wenig kürzer ausfällt oder die „liturgische Betriebsamkeit“ in der Regel früher wieder einsetzt.
Es ist die Zeit nach dem Kommunionempfang, wir sitzen wieder auf unseren Plätzen und warten auf die Rückkehr der Schwester, die die Kommunion unseren kranken Schwestern auf der Pflegestation bringt. Und diese Zeitspanne fiel heute ein wenig länger aus, eine kleine Ewigkeit.
Zwei Minuten, in denen mein Blick auf den geöffneten und leeren Tabernakel fällt, nur einen Spalt breit offen ist er. Und doch wirkt diese Offenheit weiter. In der unverhofften Stille liegt plötzlich „ganz viel Gott in der Luft“. ER ist unterwegs, im Brot mit und zu den alten Schwestern, in meiner Banknachbarin, in jedem Menschen, der jetzt hier in dieser Kirche ist, ja, auch in mir?!
Jesus Christus hat sich in der Eucharistie ganz ausgeteilt, nichts ist mehr im Tabernakel und alles ist in uns, ER ist in uns. Das ist ja Wirklichkeit, fast unfassbar! Ach, manchmal wünschte ich mir mehr solcher scheinbar leeren Momente im Gottesdienst, zum Kosten und Spüren. Wenn einfach mal nichts los ist und der Tabernakel einen Spalt breit offen steht.
Sr. Ruth Stengel